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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
Seite - 480 -
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480 Zeiten hatten die jüdischen Mädchen nichts gelernt, als hebräisch lesen, beten nnd rituell kochen. Die sorgsamen Mütter hüteten die heranwachsenden Töchter innerhalb der vier Pfähle, und der Übergang von der Kindheit zu den ehelichen Pflichten, die schon im l 5. oder 16. Lebensjahre einzutreten pflegten, war ein so rascher, daß das Mädchen auch sonst nichts lernen konnte. Jetzt, unter dem Einwirken des Zeitgeistes, der auch über Galizieu aufstieg, begannen die Töchter den Söhnen nachzueifern, deutsch und polnisch, nähen, stricken und sticken und die Art des modernen Lebens zu lernen und zu lehren und während in früheren Zeiten die Mädchen aus dem Volke, unbeholfen und unselbststäudig, sich frühzeitig in das Joch der Ehe einspannen ließen, verkümmerten und rasch verwelkten, findet man jetzt viele in unabhängiger Stellung, im Selbsterwerbe als Handarbeiterinnen, Erzieherinnen, Lehrerinnen und Verschleißerinnen, die erst im reiferen Alter, lebensklug und erfahren, mit einem selbstersparten Nothpfennig in die Ehe treten. Diese aus den Traditionen ihrer Väter getretenen, von der Cultur geschliffenen und aus den früheren Ghetti ins moderne Leben übersiedelten Juden, die auf gleichem Niveau mit ihren christlichen Landsleuten im Kampfe um das Dasein stehen und als Ärzte, Advocaten, Beamte, Techniker, Gutsbesitzer und Industrielle ihre Bedürfnisse erwerben, gehören nicht in den Rahmen unserer Schilderung, denn sie haben das Charakteristische des alten Jndenthums abgestreift, mit dem sie nur noch die Gemeinsamkeit der Abstammung, die Grundlehren des Glaubens und einige religiöse Gebräuche verbinden. Unser Bild schildert die große Mehrheit der galizischen Juden, die, wie fossile Überbleibsel alter Zeiten, in streng religiös-nationaler Abgeschiedenheit, nach Väterweise und frommer Tradition leben und die von Zeit und Geschichte, deren ferne Brandung sie kaum hören, nicht berührt werden. Das öffentliche Leben des orthodoxen Juden beschränkt sich auf seine Cultusgemeinde, die ihm am nächsten geht, weil hier alle Fragen gelöst werden, die sein religiöses Gewissen berühren. Hier wird der Rabbiner gewählt, der Richter bestellt, der Schächter aufgenommen und der Vorbeter für die Gemeinde angestellt, die Synagoge und das Bad verwaltet, das im rituellen Leben des Juden und der jüdischen Frau eine große Bedeutung hat. Hier werden durch den selbstgewählten Vorstand die Cultussteuern umgelegt und eingehoben, die Matrikelbücher geführt und alle jene Functionen, die in der Commune sonst vom Vorstande und dem Pfarramte durchgeführt werden, besorgt. Dem Vorstande anzugehören, ist eine große Auszeichnung, der Rabbinerposten ein Adelsbrief. Es ist der Ehrgeiz reicher Leute, ihre Kinder mit den Kindern von Rabbinern zu verheiraten, wenn sie auch mittellos sind. Es kommt auch häufig vor, daß wohlhabende Juden mit talmudischen Kenntnissen unentgeltlich den Posten eines Rabbiners bekleiden, um die Kinder besser versorgen zu können. An der Seite des Rabbiners, welcher das Gewissen und der geistliche Hirte der Cultusgemeinde ist, steht in hervorragender Stellung ein Adlatus, der „Religionsweiser",
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Galizien, Band 19
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Galizien
Band
19
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1898
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.48 x 22.34 cm
Seiten
920
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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