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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
Seite - 549 -
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549 Melodien niemals andere Stimmen neben sich hatten, sogar in der Epoche, in welcher ihre Mehrstimmigkeit keinem Zweifel unterliegt; aber so viel ist gewiß, daß der berühmte Theoretiker Szaidnrow im XVI. Jahrhundert die Polyphonie als eine sehr alte Kunst behandelt. Unterricht und Muster mochte das rnthenische Volk aus Griechenland, Bulgarien und Serbien erhalten haben, aber die Ausbildung und Verallgemeinerung des mehr- stimmigen Gesanges war das Werk und das Resultat der Begabung der ganzen Nation. Der Chorgesang ist also uralt, und das Volk sang in der Kirche, bei den Festlich- keiten, während des Marsches, vor und nach der Schlacht. Das Kyrie Eleison, welches aus Griechenland kam, wurde bald ein nationales Lied, welches besonders vor der Schlacht ähnlich wie die polnische „Bogarodzica" vom Heere gesungen wurde. Im XIII. Jahr- hundert war der antiphonische Gesang in der Kirche üblich, Doppelchöre waren keine Seltenheit. Das Verbot, welches die Hierarchen im X. Jahrhundert erließen, weder Blas-, noch Saiteninstrumente in der Kirche einzuführen, war für die Ausbildung des Chorgesanges von großem Nutzen; statt der Instrumente leiteten die Vorsänger (Didaskalen, Domestiei, Regenten) den Volksgesang in der Kirche. Die Terzengänge kamen sehr früh in Gebrauch, aber darin äußert sich die musikalische Begabung des rnthenischen Volkes, daß es nicht unbeholfen an den Terzen haftete, sondern in den Modulationen andere Intervalle aufsuchte. Es kamen nun sehr oft schreiende Dissonanzen vor, außer den Qninten und Octaveugängen auch Secuudeugänge auf- und abwärts, und im XVI. Jahrhundert zur Zeit Szaidurows scheute man solche Harmonien nicht im geringsten, aber gleichzeitig begann sich eine dritte Stimme geltend zu machen, und der dreistimmige Gesang beherrschte bald sowohl Kirchen- als auch weltliche Lieder. Dieser mehrstimmige Gesang hatte jedoch mit der Polyphonie des Abendlandes nichts gemein. Die Hauptmelodie lag in der oberen Stimme, die anderen bewegten sich homophonisch. Die Polyphonie mit der contrapnnktlichen Beweglichkeit der Stimmen und mit allen möglichen Lagen des (Bantus lii-mus drang zwar in neuerer Zeit in den kleinrussischen Kirchengesang ein, vermochte jedoch nirgends festen Fuß zu fassen und wurde schließlich verworfen. Statt dessen begegnen wir einer Art freien Canons und freier Nachahmung. Im XVI. Jahrhundert kamen im Kirchengesange verschiedene Richtungen zum Vorschein, die oft im grellen Widerspruch zu einander standen. Der fignrale Gesang hatte Anhänger und Widersacher; im XVIII. Jahrhundert haben sogar in Lemberg die Bischöfe Leo Szeptycki und Peter Bielanski einen männlichen Chor mit Orchester unterhalten, im XIX. Jahrhundert sang in Lemberg ein gemischter Chor mit Orchester, aber alle diese Neuerungen, mochten sie auch momentan musikalische Gemüther lebhaft beschäftigt haben, fanden doch im Grunde wenig nachhaltigen Anklang. Die Einfachheit und der ungezwungene
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Galizien, Band 19
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Galizien
Band
19
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1898
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.48 x 22.34 cm
Seiten
920
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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