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Ernster und erfolgreicher wurden aber die classischen Studien von einem anderen
Kirchenfiirsten, von dem Krakauer Bischof und Cardinal Zbigniew Olesnicki gefördert,
der mit hervorragender politischer Begabung Sinn und Vorliebe für Wissenschaft und
Bildung verband, Abschriften classischer Autoren aus Italien holen ließ, eine Bursa für
hundert dürftige Schüler gründete und als Kanzler der Universität eifrig für deren
Lehrkanzeln und Lehrkräfte sorgte. In der That dürfen wir die zweite Hälfte des
XV. Jahrhunderts als die Blütezeit der Universität betrachten, so wie sie die Glanzzeit
von Polens politischer Macht war. Diesem Zustand entsprechen auch Werke, die ein so
vielseitiges und charakteristisches Bild ihrer Zeit darstellen und das Gepräge nationalen
Geistes so unverkennbar an sich tragen, daß sie, obwohl noch nicht in polnischer Sprache
geschrieben, als der Anfang einer selbstbewußten Literatur angesehen werden können.
Johann Dlngosz, geboren im Jahre 1415, Seeretär des Cardinals Oleßnieki,
Canonicns des Krakauer Domeapitels, mehrmals zu diplomatischen Unterhandlungen ver-
wendet, Erzieher der Söhne König Kazimirs IV., zuletzt desiguirter Erzbischos von Lemberg,
vor der erfolgten Conseeration aber im Jahre 1480 gestorben, wurde durch seinen Gönner
Oleßnieki aufgefordert, die Geschichte Polens zn schreiben. So entstand das große Werk
seines Lebens, die His tor ie ?vloniea , in dreizehn Büchern, wahrscheinlich gleich nach
des Cardinals Tode (1455) begonnen und bis zu des Verfassers letzten Tagen fleißig
fortgesetzt. Mugosz stützte sich bei dieser Arbeit auf eine erstaunliche Anzahl von Quellen,
die er zwar nicht immer kritisch zu beurtheilen wußte, jedenfalls aber mit einem in seiner
Zeit einzigen Fleiß und Verständniß bearbeitete. Sein Standpunkt ist, wie jener Oleöniekis,
streng kirchlich, sein Urtheil hie und da befangen, ja sogar tendenziös. Diese Mängel hat
Mugosz mit allen Geschichtsschreibern seines Jahrhunderts gemeinsam. An Sammeleifer
und Beherrschung des Stoffes aber übertrifft er seine Zeitgenossen. Livins als Muster vor
Augen, schreibt er zwar kein classisches Latein, doch ist seine Darstellungsweise einem
Bonsinius weit überlegen. Jüngere Geschichtsschreiber übertreffen ihn wohl in dem
Scharfblick, mit welchem sie jedes Ereigniß auf die richtige, öfters tief verborgene Ursache
zurückzuführen wissen. Als Typus aber des Geschichtsschreibers im Übergang vom
Mittelalter zur neueren Zeit steht Mugosz einzig da und hat, nach dem Urtheil deutscher
Gelehrten, sogar nicht seinesgleichen in ganz Europa. Neben diesem seinem Hauptwerke
verfaßte Mugosz noch mehrere andere Schriften, die als Quelle zur Erkenntniß kirchlicher,
ökonomischer und socialer Zustände von überaus großem Werthe sind. Als Stifter von
Kirchen, Klöstern, Spitälern, Bnrsen für arme Schüler, läßt sich Mugosz in seiner christlich -
religiösen Gesinnung und in seinein Eifer fiir die Cultur seines Volkes erkennen.
Johann Ostrorög, Castellan von Meseritsch, später von Posen, geboren wahrscheinlich
im dritten Decenninm des XV. Jahrhunderts, gestorben 1501, eröffnet die Reihe der
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch