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ein größeres beschreibendes Gedicht, die?c>kiün-ka (genannt nach einem von Felix Potoeki
in der Ukraine angelegten berühmten Garten). Dieser Höfling und Dilettant zeigt sich
aber in der Form selbst einem Krasieki überlegen, und hat einem Mickiewicz, wenn nicht
als Muster, so doch wenigstens als Bildungsmittel gedient. Er besitzt eine Gedanken- und
Ausdruckskraft, die (besonders in seinen politischen Gedichten) eine impouirende Wirkung
erreicht. In seinen philosophischen Ansichten huldigt er dem herrschenden Materialismus,
und ist als solcher zugleich der erste politische Panslavist in Polen. Auch Trembecki
ist in Schwermuth, beinahe in Trübsinn verfallen und starb im Jahre 1812.
Cajetau Wxgierski, eiu lebensfroher, ziemlich ausgelassener junger Mann,
geboren 1755, gestorben 1787, ist dem Trembecki an Natur und Talent einigermaßen
ähnlich, nur sind bei ihm Natur und Talent viel ärmer veranlagt als bei dem vorigen.
Unterdessen wachsen aber anders geartete Männer heran, die unter dem Eindruck
der ersten Theilung stehen und bei denen das von äußeren Eindrücken am mächtigsten in
Anspruch genommene Gefühl zum Lebensprincipe wird. Dieses Gefühl bringt in der
Dichtkunst natürlich die Lyrik hervor.
Franz Kniaznin, ein Jesuiten-Novize und nach Aufhebung des Ordens Secretär
des Fürsten Adam Czartoryski, Generalstarosten von Podolien, ist der erste, der in seinen
Gedichten diesen lyrischen Ton anschlägt und ihn unter seinen Zeitgenossen am reinsten
durchzuführen versteht. Kein außerordentliches Talent, doch anmuthig und schwärmerisch,
in seiner Ausdrucksweise nicht gekünstelt, ist er in seinen Liebesgedichten rührend, in den
religiösen und patriotischen manchmal wirklich schwungvoll. Durch die Verfassung des
3. Mai, dann durch Kosciuszkos Aufstand zu patriotischen Hoffnungen angeregt,
durch die zweite und dritte Theilung Polens bitter enttäuscht, wurde er im Jahre 1795
vollständig irrsinnig und lebte in diesem Zustande, von seinem Freunde, dem Dichter
Zabtocki zärtlich gepflegt, bis zum Jahre 1807.
Franz Karpinski, geboren zu Hotosköw in der Nähe von Kotomea 1741, wie
Kniaznin eine Zeit lang Secretär des Fürsten Adam Czartoryski, gleich ihm Lyriker, und
von den Zeitgenossen wie von den Nachkommen höher als jener geschätzt, zeigt doch
mehr gekünstelte Sentimentalität und idyllenhafte falsche Grazie. Zu seinen besten
Gedichten gehören einige religiöse Hymnen und besonders eine Elegie am Grabe
König S ig ismund Augusts. Die berühmte Rückkehr von Warschau aufs Land,
eine ziemlich larmoyante Elegie, die bis jetzt als classisch angesehen wird, erinnert
unangenehm an die romantischen Genies, die, ohne je etwas Arges von dieser bösen
Welt erfahren zu haben, über ihre Gleichgiltigkeit und Undankbarkeit klagen. Karpinski
ist auf seinem Gut iu Lithauen, das ihm Stanistaw August schenkte, im Jahre 1825
gestorben.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch