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Johann Pau l Woronicz (Jesuit, nach der Cassation Dorfpfarrer, dann Bischof
von Krakau und endlich als Erzbischof von Warschau im Jahre 1829 gestorben,) zeichnet
sich unter den Lyrikern des XVIII. Jahrhunderts zuerst durch ein inniges und mächtiges
religiöses Gefühl, durch ein festes Vertrauen auf Gott und auf die Zukunft seines Vater-
landes aus. Dieser Ton läßt sich bei keinem anderen seiner Zeitgenossen vernehmen, er wird
viel später und viel kräftiger in Mickiewicz und Krasinski laut.
Im Gegensatze zur Lyrik wollte die dramatische Dichtung nicht recht gedeihen.
Versuche von Trauerspielen wurden sogar von den Zeitgenossen als mißlungen bezeichnet;
die Lustspiele gab man durch eine tuc i ta eonvent io vor, gut zu finden, doch waren
sogar die des Krasicki nur halbwegs gut, während jene des Bohomolec, Bielawski, Fürsten
Czartoryski noch unter diesem bescheidenen Niveau standen. Endlich erschien ein Dichter,
der mit Recht als Vater der polnischen Comödie angesehen wird.
Franz Zabtocki, geboren 1754, lange Jahre Secretär der Erziehungscommission,
schrieb seine Lustspiele zwischen 1781 und 1785, in welchem Jahre er infolge des Todes
seiner Gattin und seiner Kinder seine frühere heitere Gesinnung einbüßte. Er ist allerdings
in Molieres Schule erzogen, behilft sich zu viel mit Soubretten und Lakaien, weiß auch
den Knoten seiner Intrigue nicht immer leicht und natürlich zu lösen; überdies ist er
zuweilen weitläufig und mit Episoden überladen. Aber er hat die vis eomiea, versteht
seine Figuren fest aufzustellen, drastisch zu charakterisiren, consequeut durchzuführen und
in manche wahrhaft ergötzliche Situation zu verwickeln. Nach der letzten Theilung wurde
Zabtocki uicht wahnsinnig wie sein Freund Kniaznin, aber er ging nach Rom, kam als
Priester zurück und lebte als Dorfpfarrer bis zum Jahre 1821.
Stanislaw August wandte dem Theater namhafte Summen zu. Ihm verdankt
Warschau, Polen überhaupt, seiu erstes öffentliches Theater, das trotz vieler Schwierig-
keiten schon nach einigen Jahren mit guten Schauspielern besetzt war, so daß man sich sogar
in der Darstellung von Opern, wie der Zanberflöte, versuchen konnte. Das Repertoire
bestand freilich größtentheils aus Übersetzungen, doch wurden auch Originalstücke in
größerer Anzahl aufgeführt. Das Hauptverdienst der Organisiruug und Leitung dieses
Theaters gebührt dem Director Albert Bogustawski , der als Vater nicht der
dramatischen Literatur, wohl aber der Bühne in Polen angesehen werden kann. Die
Truppen, die in unserem Jahrhunderte in Warschau und Lemberg glänzten, stammen aus
seiner Schule. Als höchstes Ziel erschien ihm allerdings die französische Tragödie; doch
wurden von ihm anch deutsche und englische Stücke gebührend gewürdigt. Emilia Galotti
behauptet sich auf seinem Repertoire, und im Jahre 1799 führt er zum ersten Male den
Hamlet (nach Schröders Bearbeitung) auf. Die Theaterverhältnisse waren durch die
politischen Ereignisse so prekär, daß der arme Director öfters mit seiner Gesellschaft Reisen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch