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Das Innere der heiligen Krenzkirche in Krakau, deren Einwölbnng sich aus einem
Mittelpfeiler entwickelt und sich auf Kragsteinen an den Wänden stützt, ist ein verspätetes
Object der Anlage des Planes und des Oberbaues der Kirchen, die wir außerhalb Galiziens
in Wisliea, Stobuica, auf dem Schlosse von Lnblin finden und die ins XIV. Jahrhundert
gehören.
Das XV. Jahrhundert führt in die kirchliche und prosane Baukunst den Staffelgiebel
ein, welcher mit verticalen Mauervorsprüngen versehen ist. Die glatten Wandflächen des
Giebels wurden mit eckigen Ziegelstäben verziert, welche in steinerne Fialen übergehen.
Zwischen den genannten Stäben wurden die Wandflächen durch profilirte Spitzblenden
ausgehöhlt und mit Wappenschildern geschmückt. Dieses System tritt in Krakan charakteristisch
in der Dominicaner- und Frohnleichnamskirche, in der Schatzkammer der Kathedrale und
in? Jagellonen-Colleginm auf.
Die zweite Charakteristik im XV. Jahrhundert bildet die Einführung des Rohbaues
durch Anwendung stärker oder schwächer gebrannter Ziegel an den Außenwänden und die
Einführung der Gesimse aus Formziegeln, wie wir dies an den Bauten des Dtugosz sehen
oder an der Dorfkirche zu Szczepauöw unter Brzesk oder an der Bernardinerkirche
in Przeworsk an der ruthenifchen Grenze. In der Pfarrkirche derselben Stadt zeigt
sich die Tradition des Ziegelbaues des Tempelritterordens von Mechow.
Eine Eigenthümlichkeit der Gothik des XV. Jahrhunderts in diesem Lande bilden
ferner die Portale, deren Laibungsprofile oben unter einem rechten Winkel sich brechen und
sich in den Ecken kreuzen. Dieser Typns der Thüröffnungen uud Fenster geht in die Profan-
bauten über. Überhaupt verliert sich allmälig der Reichthum der in Stein ausgeführten
Ornamentation und wird schematicher. Eine Ausnahme bildet ein kleiner Ban aus dem
Ende des XV. Jahrhunderts, der zwischen den Strebepfeilern der St. Barbarakirche in
Krakau eingezwängt und dessen Bestimmung bisher nicht genau festgesetzt worden ist; die
Feinheit seiner Profilirungen, der Reichthum und die Phantasie des Blattornaments
erzählen von den Beziehungen Krakans zu Nürnberg, die durch den Aufenthalt des Meisters
Veit Stoß iu Krakau herbeigeführt wurden.
Die Klosterbauten in Galizien und Krakau bedienen sich frühzeitig der Gothik. Zuerst
erscheint sie bei den Krakauer Dominicanern als unterer Kreuzgaug, im Kapitelhause, im
Refectorium uud au dessen Wänden, an den Kreuzgewölben, mit schönen Rippen und einer
Reihe von vierfelderigen Fenstern mit bescheidenem Maßwerke. Der Flur, welcher ins
Resectorinm führt, besitzt eine aus zwei Polygonpfeilern, die durch Gurten untereinander
und mit den Wänden verbunden sind, herauswachsende Wölbnng. Hier ist der Einfluß des
späteren Romanismus offenkundig und wir setzen diesen Bau an das Ende des XIV. Jahr-
hnnderts.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch