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scrupulös das äußere Aussehen der Sigmundskapelle, als man die neue Kapelle für das
Königsgeschlecht der Wasa in der Kathedrale am Wawel erbaute. Die Arabesken der
italienischen Bildhauer der Sigmundskapelle pflanzen sich noch am Grabmale des seligen
Kazmierczyk in der Kirche Corpus Christi in Krakau, einem Werke aus dem Jahre 1632 fort.
Die wenigen Kirchen, welche in den Zeiten der Reformation und des Kampfes mit der
Kirche entstanden, zeigen den Typus des mittelalterlichen Ziegelbaues in kleinen Dimensionen
im Bau der Gewölbe und Giebeldächer, wie wir das im Innern der Kirche in Bieez wahr-
nehmen können. Die Pfeiler dieser Hallenkirche haben Basen mit Renaissancevoluten und
sind ein Werk des Mailänders Pietro di Ronchi aus dem Jahre 1560. Die alte Synagoge
in Kazimierz bei Krakau, deren zwei in der Mitte stehende toseanische Säulen das
gothische Rippengewölbe tragen, wurde im Jahre 1570 von dem Italiener Matteo Guei,
einem Mitglied der in Krakau angesiedelten Architekten- und Bildhauerfamilie erbaut.
Ganz am Ende des XVI. Jahrhunderts wurde durch die Freigebigkeit des Königs
Sigismund III. der Grundstein für die Jesuitenkirche der Heiligen Pet rus und
Pau lus in Krakau gelegt, die als Ganzes und in ihren Details, in der Gestaltung der
Fa^ade und im Aufbau der Kuppel den römischen Originalen nicht nachsteht. Vollendet
wurde sie im Jahre 1626. Ihr geräumiges und Helles Innere, das sich als Vereinigung des
Basilieasystems mit dem Centralban repräsentirt, hat über der Vierung eine auf Pfeilern
und Bogen ruhende hohe Kuppel. Eine Reihe von Kreuzkapellen, die durch Arkaden zwischen
den Pfeilern nach dem Mittelschiffe zu geöffnet sind, läuft die Seiten entlang. Es gibt
nichts Herrlicheres als die Durchführung der korinthischen Pilasterbündel, je zweier auf
einem Pfeiler mit hohem Stylobat, ein System, das sich im ganzen Innern logisch
entwickelt und eine Kröpfung der Gebälke nach sich zieht, die schon den Verfall der
Reinheit des Renaissancestils verkündigt. Das Streben nach plastischer Wirkung tritt an der
Außenseite durch Anwendung von Marmorsäulen kolossaler Anordnung auf, die den Dach-
giebel tragen. Der Meister dieses Baues ist unbekannt. Wahrscheinlich haben die Jesuiten
ein fertiges Project aus Rom mitgebracht, das von dem Architekten der Kirche al Kesü
herrührt. Bekannt ist der Name des Baumeisters Johann Maria Bernardoni aus Como,
eines Jesuitenfraters, der sich genau an den Plan hielt und in dem kleinsten Detail den
Stil zu wahren wußte. Bevor er im Jahre 1599 nach Krakau kam und den begonnenen
Bau übernahm, baute er die Jesuitenkirche in Nieswicz in Lithauen, die der unseligen
ähnlich ist, und eine andere in Kalisz.
Von nun an beginnt eine ungewöhnliche Thätigkeit auf dem Gebiete des Kirchen-
baues in ganz Galizien. Fast gleichzeitig mit der Vollendung der Jesuitenkirche in Krakau
beginnt der Obersthofmarschall Mikotaj Wolski den Bau der Camaldnlenser-Kirche
auf der Anhöhe des Dorfes Bielany bei Krakau. Vollendet wurde sie im Jahre 1642.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch