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Soviel zur Charakteristik der Profanbaukunst in Krakau in der Renaissance-Epoche.
Die Bewegung auf dem Gebiete der Renaissancebaukunst wird in die Städte und
Flecken am Fuße der Karpathen schon in der ersten Hälfte des XVI. Jahrhunderts über-
tragen. In Tarnöw gewinnt das alte gothische Rathhaus eine Ziegelattika, Portale und
Fenster. Biecz, Sqcz, Krosuo, Jarostaw, Przemysl berichten von diesen Zeiten dnrch
Reste erhaltener städtischer Bauten.
Viele Städtchen erhalten in dieser Renaissance-Epoche keinen geringen Schmuck durch
die auf italienische Art gemauerten sogenannten Laubengänge. Sie sind charakteristisch
für die Handelsstädte mit wiederkehrenden Messen. Die Reihen der gemauerten, ein-
stöckigen Häuser am Stadtring begleiten breite gewölbte Lanben, die etwas höher als das
Niveau des Platzes liegen. In der Stadt Krosno sind Reste solcher Laubengänge erhalten;
als Mittelpfeiler des Laubenganges eines Hauses aus dem Jahre 1525 dienen jonische
Säulen. Solche Lauben finden sich auch in Tarnöw, von wo sie nach Rnthenien übergehen,
so nach Zotkiew, Jarostaw und anderen Orten Ostgalizieus. Nach diesen Laubengängen,
welche dem Bedürfnisse sicherer Magazine für kostbare Waren entsprechen, richtet sich mm
der Bau der Häuser.
Lemberg hat eine gewisse Zahl mehr oder weniger gut erhaltener Bauten aus der
Spätrenaissance-Epoche bewahrt. Hierher gehören vor Allem einige am Ringe gelegene Häuser
der Lemberger Patrizier aus der Blütezeit des Bürgerthums. Daneben findet man hier
nnd da in den Gassen der Stadt Renaissanceportale, Fenster, Consolen in den Höfen,
welche von der regen Thätigkeit der Architekten auf dem Gebiete des Wohnhausbaues am
Ende des XVI. und im Anfang des XVII. Jahrhunderts Zeugniß geben.
Die Fanden der am Ringe erhalten gebliebenen Häuser sind aus Stein gebant, mit
einem gewissen Gefühl für das Monumentale im Gebrauche der architektonischen Formen
der italienischen, vielleicht auch der deutschen Renaissance, welche mit dem Barock noch keine
Berührung haben. Es ist der Provinzrenaissancestil, wie er sich auf Lemberger Boden
ausgebildet hat. Au den Fronten dieser Häuser springt vor Allem der Mangel architektonischer
Gliederung der Stockwerke durch gut gewählte Gesimse in die Augen. Der Architekt häuft
die Details, ohne Rücksicht auf den allgemeinen Ausdruck des Gebäudes. Es liegt in
diesen Fanden etwas von der Sprache eines Handwerkers und nicht eines Künstlers.
Das stilreinste und vielleicht früheste Denkmal aus der zweiten Hälfte des
XVI. Jahrhunderts ist ein in seinem oberen Geschoße beschädigtes Haus in der Armenier-
gasse. Schöne Verhältnisse der Fensteröffnungen und des Portales, die Symmetrie ihrer
Anlage, hübsche Umrahmungen der Fenster mit grotesken Lisenen und speciell das edle
Portale mit Arabeskenpilastern charakterisiren bei aller Bescheidenheit nnd Einfachheit das
Werk eines italienischen Meisters.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch