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Orden hat große Architekten zur Verfügung, welche ihm Projekte liefern, er führt jedesmal
bedeutende Unternehmer ein, mit denen er sich ohne die einheimischen Kräfte behilft.
Wenn wir diesen letzteren ein gewiffes Zurückbleiben und einen Provinzialismus
zuerkennen, so bringen die von den Jesuiten berufenen fremden Kräfte einen ganzen Stil-
apparat mit sich, künstlerische Routine, und zwar sowohl technische als auch ornamentale,
die sich ohne Proben und Nachforschungen behilft. Die Architekten der Jesuiten verbreiten
hier zuerst den italienischen Kirchentypus mit der Kreuzanlage und einer centralen Kuppel,
mit einer Reihe von Kapellen neben dem Langschiffe. Sie schaffen zuerst herrliche Kirchen-
fronten mit Pilastern, Dachgiebeln und Thürmen an den Seiten. So sind ihre ersten
Kirchen in Krakau, Jaroslau, Przemyöl, Lemberg, n. f. w., alle aus der ersten Hälfte
des XVII. Jahrhunderts. Es sind dies noch keine offenbaren Barockbestrebungen mit dem
Suchen nach starken Effecten und dem Malerischen in der Anlage der Maßen, der
Krnmmbiegung der Dachgiebel und der Pilasterhäufung, wobei über den Pilastern die
Kröpfung der Gebälke eingeführt wird, sondern mit einem gewissen Maße in der Anwendung
dieses Formenapparates der Spätrenaissance.
Einige dieser Jesuitenkirchen geben das Beispiel für zahlreiche neu zu bauende
Klosterkirchen, welche im Laufe des XVII. Jahrhunderts polnische Magnaten für die
Dominicaner, Bernardiner, Trinitarier, Carmeliter stiften, Bauten, die nicht immer
monumental sind, aber immer nach weiten Verhältnissen des Innern, Schmuckhaftigkeit
der Fanden und Bewahrung der Kuppel streben. Die Familienkapellen an den Pfarr-
oder Klosterkirchen dieser Epoche, die Kapellen zur Unterbringung wunderthätiger Heiligen-
bilder haben immer eine Kuppel und das Innere ist mit Zierrathen aus Stuck überladen.
Von den wichtigeren Denkmälern dieser Baukunst vor der eigentlichen Barockphase
erwähnen wir die Stiftskirche in Zötkiew, einen Bau mit Querschiff nnd einer Central-
knppel, dessen Inneres nnd Äußeres unter Anwendung dorischer Pilaster durchgeführt ist.
Dieser Quaderbau, eine Stiftung des Stanislaus Zötkiewski aus dem Jahre 1618, ist voll
von Familiendenkmälern und Schlachtenbildern. Eine Eigenthümlichkeit ist die Anwendung
des Reliefs, polnischer Ritter, sogenannter Husaren und der Wappenschilder in den Metopen;
am Portale überwiegen noch immer mittelalterliche Einflüsse.
Die Klosterkirche der Carmeliter in Wisnicz — heute Gefängnißkirche — eine Stiftung
des Oberstkronmarschalls Stanislaus Lubomirski aus dem Jahre 1624, erbaut in der Mitte
der Fortificationen, ein schönes Werk im Charakter der deutschen Renaissance, zeichnet sich
durch ihr erhabenes Innere voll Adel auf einem kreuzförmigen Grundrisse aus und birgt
unter der Erde die Familiengräber der Stifter.
Lemberg hat eine schöne Kirche mit edler italienischer Fa^adc, die Kirche der
Opferung der heiligen Jungfrau, die einst den barfüßigen Carmelitern gehörte, eine Stiftung
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch