Seite - 706 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
Bild der Seite - 706 -
Text der Seite - 706 -
706
der Städte fühlte kein Bedürfniß, öffentliche Bauten herzustellen, die Frömmigkeit reizte
nicht zu neuen Kirchenbauten, da die Aufhebung der geistlichen Orden am Ende des vorigen
Jahrhunderts die alten Klostergebäude in der Landeshauptstadt zur bequemen Unter-
bringung von Ämtern, Schulen, Spitälern u. s. w. frei machte und die Kirchen niedergerissen
wurden, um Raum für die Erweiterung der Städte zu gewinnen. So war es in der Haupt-
stadt des Landes, so in der Provinz. Die Gleichgiltigkeit für die alten Denkmäler der
einheimischen Baukunst gestattete ihre Vernichtung; die Behörden bemühten sich nicht, den
Kunstsinn zu heben und gaben ein schlechtes Beispiel bei dem Bau der neuen stillosen Kirchen
in den Dörfern nnd Städtchen. Von dem in der abendländischen Welt sich entwickelnden
Romantismus, welcher sich zuerst in der Wiederaufnahme der mittelalterlichen Stile
bemerkbar macht, erfährt Galizien und das Großfürstenthum Krakau erst nach dem
Jahre 1830.
Die Familie des Grafen Potocki eröffnet hier die Bahn. Die Restauration der
Kapelle des Bischofs Padniewski in der Kathedrale am Wawel in den Jahren 1832 bis
1840 im Geiste der griechischen Renaissance mit Verwendung von Marmor, Stuceo,
Bronze, von Meisterwerken der Bildhauerkunst und italienischer Malerei, wird von Peter
von Nobile dnrch aus Wien mitgebrachte Arbeiter vollendet; ebenso der Bau der gothischen
Kirche in Krzeszowice nach dem Plane des berühmten Karl Friedrich Schinkel. Dieses
Monumentalwerk ist der erste gewichtige Zeuge der neuen Richtung in der heutigen Bau-
kunst Galiziens, da es schwer fällt, dasjenige ernst zu nehmen, was gleichzeitig als
Gothicismus bei dem Baue der Paläste, Höfe, Kapellen zur Mode wird und sich an den
Namen des Italieners Lanzi knüpft, der sich in Polen ansiedelte, eines Lieblings der Herren-
häuser, welche den Romantismus und das Mittelalter begünstigen. Einflüsse des Münchner
Romantismus und richtige Auffassung des Gothicismus und Anpassung an dessen locale
Abarten bringt die vom Architekten Karl Kremer begonnene Restauration des alten
dolleAium muMg in Krakau im Jahre 1848 und liefert durch die in die Wände ein-
gemauerten Fragmente, welche aus den zerstörten Krakauer Gebäuden stammen, den
Beweis für die neu aufkeimende Verehrung für die Kunst der heimischen Vergangenheit.
Diese Verehrung docnmentirt sich auch in der Restauration der im Jahre 1850
abgebrannten Krakauer Kirche, sowie in der Gründung einer archäologischen Commission
im Schoße der „wissenschaftlichen Gesellschaft" naukovvs) und in der
Thätigkeit der von der Regierung bestellten Conservatoren für die Kunstdenkmäler. Als
Resultat der Studien über die Architekturdenkmäler des alten Krakau folgt die verständige
Restauration des mittelalterlichen Lolle^ium insjus, welche durch den Architekten Felix
Ksixzarski unter unmittelbarem Einflüsse des Regieruugsvertreters Baurathes Josef
Bergmann aus Wien im Jahre 1864 zu Ende geführt wurde, und dann der Umbau der
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch