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Jahre 1871, erweckte in Lemberg eine künstlerische Bewegung in der Richtung neuer
monumentaler Bauten im Geiste der Renaissance. Nvch zuvor, namentlich 1863, entsteht
hier ein herrliches Gebäude, das sogenannte Jnvalidenhans nach dem Projecte des
berühmten Wiener Architekten Theophil Hansen. Um zehn Jahre später baut Julian
Zachariewicz das Gebäude der Polytechnik, ein Werk im Geiste der italienischen Renaissance
mit herrlicher Frontcolonnade, einem in großen Dimensionen entwickelten Treppenhause
und einer herrlichen Aula, für welche Matejko die Bilder malt. Derselbe Architekt schafft
die schöne Kirche und das Kloster der Franciscanerinnen, mit farbigen Ziegeln im Äußern
und delicater Polychromie im Innern. Der tüchtige Architekt vollführt schließlich den Bau
des Sparcassengebäudes, in welchem er den Prunk kostbaren Materials im Stile der
italienischen Renaissance anwendet. Man findet noch andere ebenso originell ausgedachte
Arbeiten desselben Künstlers in der Provinz, wobei wir an die gothische Kirche in
Bncniöw denken.
In der Entwicklung der Architektur Lembergs macht der Bau des Laudtagsgebäudes
Epoche, der nach dem Plane des Lemberger Architekten Hochberger in den Jahren 1877
bis 1881 im Stile der italienischen Renaissance erstand, mit herrlichen Risaliten bei
Anwendung von Sänlen, korinthischen Pilastern und Figurengruppen. Das herrlich angelegte
Treppenhaus führt im oberen Stockwerk in den Landtagssaal mit Gallerten nnd Empörten,
der durch Schönheit und künstlerische Einfachheit von der Hebung des Kunstsinnes in den
Zeiten der Autonomie des Landes Zeugniß ablegt.
Unter den öffentlichen Bauten in Lemberg concurriren die Regierungsbehörden
(Statthaltereigebäude, Universität, Kliniken n. s. w.) mit dem Stadtrathe (öffentliche
Schulen, wissenschaftliche und Wohlthätigkeitsanstalten) und mit den Besitzern der Wohn-
häuser und herrschaftlichen Palästen. Es ist gewiß, daß man in ihnen nicht immer originellen
Schöpfungen begegnet, daß Wien die Muster beistellt, aber ebenso gewiß ist es, daß in
Lemberg eine Baubewegung besteht, die neben jener auf dem Gebiete der Malerei und
Bildhauerei Beachtung verdient.
Burgen, Schlösser und Herrenhöfe. — Galizien ist reich an Ruinen, Schlössern
und Burgen, aber die ältesten reichen nicht über das Ende des XIV. und XV. Jahrhunderts
zurück. Die Schlösser auf ruthenifchem Boden stammen hauptsächlich aus dem XVI. und
XVII. Jahrhundert. Der Grund ist leicht begreiflich, da Brände und Umbauten die älteren,
lange Zeit hindurch aus Holz erbauten Burgen, mit ihren hölzernen Basteien, in der
Umfassung mit Erdwällen, Gräben und Pallisaden versehen, vernichteten. War ja doch
selbst das Schloß am Wawel noch im Jahre 1245 ganz aus Holz aufgeführt und das
war wohl auch in den Residenzen der rnthenischen Fürsten und in den Stammsitzen der
polnischen Großen der Fall. In den heutigen Bezeichnungen der Niederlassungen Grodek,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch