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Von der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts an stoßen wir unter den Namen
der Krakauer Maler immer öfter auf solche, welche von polnischer Herkunft zeugen. Obwohl
wir einerseits eine bedeutende Anzahl von Malernamen besitzen, anderseits aber eine ganze
Reihe von Gemälden, welche wir mit diesen Namen nicht in Verbindung zu bringen
vermögen und es sehr leicht sein kann, daß sich unter diesen Schöpfungen solche befinden,
die von polnischen Malern herrühren, so haben dennoch bis an das Ende des XV. Jahr-
hunderts alle ein rein deutsches Gepräge. Mit der völligen Polonisirnng der Städte im
XVI. Jahrhundert beginnt sich dies allmälig und unmerklich zu ändern. Trotz des Stil-
gepräges, welches von deutschem und insbesondere von nürnbergischem Ursprung Zeugniß
ablegt, kann man in den Gemälden jener Zeit gewisse locale, man kann sagen, polnische
Merkmale entdecken. Die Typen der dargestellten Figuren mit den runden, jugendlichen
Gesichtern, den hervortretenden Backenknochen und anderen slavischen Eigenthümlichkeiten
geben Zeugniß von der neuen Richtung. Man kann diese Beobachtung auf einer Serie
von Gemälden im National-Mnseum bestätigt finden, welche hauptsächlich kleinen Land-
kirchen der Provinz entnommen sind. Es gab wohl in diesem Mittelpunkte eulturellen und
künstlerischen Lebens Anfänge einer Schule, allein sie waren nicht reif genug, um eine
eigentliche Schule mit charakteristischen Merkmalen zu schaffen.
Die Könige von Polen und ihnen nachstrebend die Würdenträger der Krone ließen,
um ihre künstlerischen Bedürfnisse zu befriedigen, fremde Maler kommen, welche nicht in die
städtischen Innungen einverleibt wurden und von denen wir infolge dessen in den städtischen
Acten nur ganz ausnahmsweise eine Erwähnung finden. Diese wurden erklärlicherweise
zumeist aus Nürnberg berufen. Auf diese Art trat Hans Dürer , ein jüngerer Bruder des
großen Albrecht Dürer, in die Dienste des Königs Sigismund I.; ebenso soll Hans Sues
von Kulmbach, welcher so innig mit der Schule Dürers verbunden war, durch die Familie
Boner berufen worden sein. Des ersteren Hauptwerk war die Ausschmückung der Wände
des damals im Renaissancestil neuerbauten königlichen Schlosses. Auch existirt von ihm in
Krakau nebst einem kleinen Bildchen des heiligen Hieronymus aus dem Jahre 1526 im
National-Mnseum das muthmaßliche Porträt des Bischofs Tomicki im Kreuzgange des
Franciscanerklosters mitten nnter den Bildnissen anderer Bischöfe, welche von den Händen
ansässiger Maler herrühren. Was aber Hans von Kulmbach anbelangt, so kann
Krakau sich einer ganzen Reihe von zum Theile sehr schönen Gemälden seiner Hand rühmen.
Vier von seinen Gemälden aus dem das Leben des heiligen Johannes des Evangelisten
darstellenden Cyklus werden in der St. Florianskirche aufbewahrt, während neun
andere mit der Legende der heiligen Katharina von Alexandrien, sowie eine Scene, welche
zum ersteren Cyklus gehört, sich in der Marienkirche befinden. Diese Gemälde sind mit den
Jahren 1514, 1515 und 1516 bezeichnet uud mit Monogramm und Unterschrift des
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch