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in dem die bisherigen Geschicke Polens verzeichnet waren und eine neue, ans andere Grund'
lagen gestützte Aera der Entwicklung öffnete.
Was nun die Denkmäler anbelangt, welche in dem rnthenischen Theile Galiziens unter
byzantinischem Einfluß entstanden waren, so kommt uns schon dnrch die Chroniken des
XIII. Jahrhunderts von ihnen Knnde zu. Jedoch finden wir in dem ganzen Umfang des
Landes keine Denkmäler byzantinischer Kunst, welche weiter als bis zum XV. Jahrhundert
zurückgingen, nud diese befinden sich nicht in Ostgalizien, sondern in der alten Hauptstadt des
polnischen Reiches, in Krakau. Wir denken hier an die Wandmalereien der heiligen Kreuz-
kapelle in der Kathedrale auf dem Wawel, deren wir oben flüchtig Erwähnung gethau. Schon
Wladystaw Jagietto, deffeu Mutter eine russische Fürstin griechischen Bekenntnisses war,
berief, nachdem er König geworden war und zu Ende des XIV. Jahrhunderts die Taufe
empfangen hatte, aus seiner Vaterstadt, dem lithauischen Wilno, rutheuische Maler, welche
gewisse Theile des Krakauer Königsschlosses und der Kathedrale, sowie viele Kirchen im
byzantinischen Stile ausschmücken sollten. Seine Witwe, die Königin Sophie, eine weiß-
rnssische Fürstin, und ihr Sohn Kazimir der Jagellvne mit seiner Gemahlin Elisabeth
von Österreich lassen die zwei Grabkapellen in der Kathedrale, deren Bau sie anordnen,
durch rnthenische Maler mit griechischen Malereien ausschmücken. Bon diesen Kapellen hat
sich nur in einer und zwar in der von Kazimir und Elisabeth gestifteten heiligen Kreuzkapelle
(Jagellonischen Kapelle) der ursprüngliche Schmuck erhalten. An der gothischen Wölbung,
zwischen den Rippen derselben sehen wir Engelchöre auf Goldgrund gemalt und an den
Wänden Scenen aus dem Leben Jesu, welche jetzt größteutheils durch Denkmäler und Altäre
verstellt sind. Bei dieser Ornamentirnng fällt uns der orientalische, an Mosaikbildwerke
erinnernde Charakter, sowie jene feierliche Stimmung anf, welche in der byzantinischen
Malerei, auch der späteren, nicht verschwindet. Die in rnthenischer Sprache an den Wänden
angebrachte Inschrift besagt, daß diese Compositionen im Jahre 1470 ausgeführt worden
sind. Es ist dies vielleicht das einzige und darum so werthvolle Überbleibsel byzantinischer
Knnst, welches so weit nach Westen vorgeschoben ist. Sonst kennen wir hierzulande keine
zuverlässigen und mit Daten versehene Überreste von rnthenisch-byzantinischer Malerei
aus dem XV. und dem XVI. Jahrhundert. Erst aus dem XVII. Jahrhundert stammen
zahlreiche Beispiele dieser Kunst in Ostgalizien, doch sind diese schon von ganz anderer Art:
nicht Wandmalereien, sondern Ikones und rnthenische Kirchenbilder verschiedener Gattung,
auf Holz gemalt, welche zumeist von ehemaligen Ikonostasen herstammen, sowie vollständig
erhaltene große Ikonostasen, in ihrem vollen Glänze heute noch vor den Altären stehend und
diese den Augen der Gläubigen verdeckend.
Es gibt in Galizien zwei Mnseen, welche eine bedeutende Anzahl rnthenischer
Gemälde besitzen: das Mnseniu des Stauropigial-Jnstitnts iu Lemberg und das National-
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch