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war er von einer warmen Begeisterung für seine Kunst beseelt und hinterließ eine ganze
Reihe weiblicher Büsten aus weißem Marmor, in welchen die Feinheit und Wärme
der Mvdelliruug, der Adel und die Vornehmheit der Auffassung Hand in Hand gehen.
Das Brustbildnis der berühmten polnischen Schauspielerin, Helene Modrzejewska,
gehört zu den schönsten Erzeugnissen seines Meißels. Seine größeren Compositionen
dagegen, seine Basreliefs und Grabmal-Seulpturen, obgleich immer schön in den Linien
und zart und edel in der Empfindung, sind etwas kühler ausgefallen und verrathen eine
gewisse Befangenheit der Antike gegenüber.
Unter den Bildhauerinnen verdienen Erwähnung die Fräulein Antonie Roznia-
towska und Tol la Certowicz (beide geboren in Rußland, Gouvernement Kiew, die
erste 1860, die zweite 1863; hier ansässig), welche ihre Ateliers in Krakau haben. Ein
Künstler von vielem Talent war der früh verstorbene S t an i s l aus Lipinski (geboren
1840, gestorben 1882); durch außergewöhnliche Begabung aber haben sich ausgezeichnet
der jetzt lebende Peter Wojtowicz und der jung verstorbene Anton Pleszowski . Der
Erstere, in der Umgebung von Przemysl 1862 geboren, war ein Schüler Kundmanns, lebte
eine Zeitlang in Budapest und hat sich gegenwärtig in Lemberg niedergelassen. Die meiste
Aufmerksamkeit hat seine Gruppe „Raub der Sabinerinnen" auf sich gelenkt, besonders aber
die im Privatbesitz befindliche nackte Figur eines dem Bade entsteigenden jungen Mädchens,
das in Bronze ausgeführt ist und sich durch Adel und Anmuth auszeichnet. Pleszowski
wurde in Lagiewniki bei Krakall 1857 geboren, studirte in Rom und arbeitete auch lange
Zeit hindurch dort. Seine Denkmalstatue, deren Abbildung wir hier bringen, dnrch den
Eindruck der Meisterwerke der großen Kunstepoche inspirirt, ist voll concentrirter Empfin-
dung, schön in den Linien und zeigt von einem guten Verständniß der Grundbedingungen
plastischer Kunst. So ergänzt denn, wie wir sehen, eine ganze Reihe von Bildhauern die
künstlerische Thätigkeit der Maler in unserem Lande und erweckt in uns die Hoffnnng, daß
sich in unserer Heimat auch aus dem Felde der Plastik ein thätigeres lind an künstlerischen
Resultaten fruchtbareres Leben entwickeln werde, sobald sich das Niveau der Cultur noch
mehr heben wird und die allgemeinen Bedingungen es gestatten werden.
Kunstindustrie.
Wie kaum ein Land hat das ehemalige Polen, dessen Bestandtheil Galizien bis zn
den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts bildete, scheinbar die günstigsten
Bedingungen vereinigt, um neben der großen Kunst anch den Kleinkünsten fruchtbaren
Boden zu bieten. Ein glänzender, freigebiger Fürstenhos, dem keine von den edelsten Ver-
feinerungen der gleichzeitigen Enltur fremd blieb und der immer in nahen Beziehungen
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch