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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
Seite - 774 -
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774 Volkskunstmotive zu entwickeln und zur originellen Stileigenheit heranreifen zu lassen, so werden wir Gelegenheit haben, bei der Besprechung der neuen Kunstindustrie Galizieus darauf zurückzukommen, und gehen nun zu der Kleinkunst der Vergangenheit über, wie sie sich im Laufe des den verschiedensten Einflüssen ausgesetzten Cnltnrlebens herausgebildet hat. Der mächtigste Einfluß war wohl der deutsche. Bis in das XVI. Jahrhundert hinein sind beinahe alle Zünfte deutsch und selbst, als sie polnisch geworden, bedienen sie sich der deutschen, wenngleich häufig bis zur Unkenntlichkeit verunstalteten technischen Kunst- ausdrücke. Eben in denjenigen Handwerken, welche mit der Kunst am engsten verwandt sind, beispielsweise in der Metallgießerei und Goldschmiedekunst, waren Deutsche die frühesten Lehrmeister. Beachtet man noch dazu, daß es die zu Polen gehörige Stadt Danzig war, welche das Land mit feineren Artikeln des Kunstgewerbes versorgte, so wird man begreifen, daß die deutsche Kleinkunst die weitaus populärste, weil die nächststehende und wohl die billigste war. Mit Anfang des XVI. Jahrhunderts wird der italienische Einfluß fühlbar, und während das deutsche Kunstgewerbe sich in den niederen Classen einbürgert und gleichsam nationalisirt, wird es aus dem königlichen Hofe und aus den Palästen des hohen Adels durch das italienische verdrängt. Die zweite Gemalin Königs Sigismund I., Bona Sforza, bringt mit sich italienischen Geschmack, italienische Sitten und italienische Meister an den Krakauer Hof. Die zur Aufführung und Ausschmückung monumentaler Bauten aus Italien berufenen Architekten und Bildhauer, wie z. B. Bartholome» Bereeei und Giovan Maria Padovan», fördern den italienischen Einfluß auf das polnische Kunst- gewerbe, welches auch hier in den meisten seiner Abzweigungen, vorzugsweise aber in der Kunsttischlerei, Schlosserei und den deeorativen Handwerken überhaupt, dem Stile der gleichzeitigen Architektur zu folgen Pflegte. Nach und nach beginnen diese zwei Kunst- richtungen, die deutsche uud die italienische, von denen die erste ohnedies von der zweiten stark beeinflußt war, mit einander zu verschmelzen und indem beide etwas von ihrer Eigenart an einander abgeben, werden sie wieder beide von den specifisch loealen Bedin- gungen beeinflußt, und in dieser Wechselwirkung auf fremdem Boden, dem sie sich anpassen müssen, werden sie gewissermassen zu einer neuen Stilart. Es ist auch eine Eigenthümlichkeit vieler noch erhaltener Denkmale des Kunstgewerbes auf polnischem Boden, daß man sie, wo bestimmte Angaben fehlen, gleichzeitig auf deutsche und italienische Provenienz zurück- zuführen versucht wäre. Dazu gesellte sich aber noch ein dritter, ebenfalls mächtiger Factor: der stetige, lebhafte Einfluß des Orients. Polen stand immer in einem regen Verkehr mit dem ottomanischen Osten, und selbst das, was nur zu trennen berufen war, die fast ewige Fehde, mußte ja fortwährend zur gegenseitigen Berührung führen. Unvergleichlich mehr als der politische wirkte hier der Handelsverkehr. Polen unterhielt Handelsbeziehungen mit den fernsten Orten, und eben Lemberg, die jetzige Hauptstadt Galiziens, war der
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Galizien, Band 19
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Galizien
Band
19
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1898
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.48 x 22.34 cm
Seiten
920
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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