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daß man einige der Hauptfabrikanten im Jahre 1788 durch Landtagsbeschluß in den
Adelsstand erhob. Die bekanntesten Fabrikanten, die ihre Erzeugnisse in der Regel theils
mit vollem Namen oder dessen Anfangsbuchstaben, theils mit symbolischen Marken
bezeichneten (z. B. ^Anus vei) waren Johann und Leo Mazarski (Stuck), D. Chmielewski,
Franz Maslowski und Anton Pncilowski (Krakau), Jakob Paschalis (Lipköw), Salimoud
uud Filsjean (Kobylki), Besz (Danzig) und andere. Außerdem wurden geringere, meisten-
theils nur seidene Gürtel in Kutkorz (unweit Lemberg), in Przeworsk, Sokal, Zmigröd
und in vielen noch nnermittelten Orten erzeugt. Die polnischen Gürtel, die auch noch heute
einen integralen Theil des Nationaleostüms bilden, sind 30 bis 50 (Zentimeter breit und
bis vier Meter lang, fast in der Regel der Breite nach quer gestreift, seltener gesprenkelt
oder diaprirt, durch schmale Raudbordure der Länge nach begrenzt und haben an ihren
beiden Enden größere Blumensträuße. Das Hauptmotiv des Ornamentes besteht fast
durchwegs aus Blättern, Blumen und Ranken in originell zierlicher Stilifiruug, die
Blumen und Blätter der Endsträuße sind nur in den seltensten Fällen und blos auf
minderwerthigen Exemplaren naturalistisch gehalten, der Regel nach sind sie mit feinem
Formensinn nmstilisirt. Manche Gürtel haben auch an Stelle der Sträuße und Blumen-
vasen Panoplien oder Wappen. Die schönsten und gesuchtesten sind aus schwerem, sehr
biegsamem Gold- oder Silberstoff mit fein gestimmtem Farbenmuster und in zwei, seltener
in drei oder vier schmale Felder, der Länge nach, getheilt, mit abwechselndem Gold- oder
Silbergrunde, wodurch es ermöglicht wird, zwei bis viermal, und wenn auch die Rückseite
entsprechend getheilt und gemustert ist, vier- bis achtmal dem Gürtel ein anderes Aussehen
zu geben, da auch mit dem Grunde die Farbe des Musters entsprechend variirt. Sie
erinnern lebhaft an ihre Vormuster, die persischen Gürtel, welche vor Errichtung der Landes-
fabriken von polnischen Armeniern importirt wurden; bei näherer vergleichender Prüfung
tritt jedoch der Unterschied in Decoration und Stilisiruug deutlich hervor. Wie gesagt,
erstreckte sich die Gürtelfabrikation bis in die ersten Jahrzehnte des laufenden Jahrhunderts
uud noch der Dichter Miekiewiez hat sie mit angesehen, denn er widmet ihr in seinem
berühmten Epos l'aäeusx" die folgenden (von Siegfried Lipiner übersetzten) Verse:
Ausbreitet der Wind die Hände
Und streichelt den Nebel, glättet ihn, bettet ihn übers Gelände.
Und niedersendet die Sonne halbblinkende Strahlengarben,
Durchwirkt den Grund mit Silber- uud Gold- und Rosenfarben
Wie zwei Meister in Slnck an einem Gürtel weben,
Das Mädchen hat den Webstuhl mit Seidengespinnst umgeben,
Glättet den Grund mit der Hand — und droben vom Weber rollt
Ihr Fädcheu aus Fädcheu herab aus Purpur, Silber uud Gold
Zu Farben und Blumeu . . .
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch