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wodurch sich unser Kronland als Prodnctions- und Absatzgebiet von anderen Theilen
der Monarchie unterscheidet.
Als agrieoles Prodnctionsgebiet führt Galizien fast ausschließlich Rohstoffe aus,
importirt dagegen aus den westlichen Provinzen und aus dem Auslande Fabrikate
verschiedener Art, da die inländische Industrie bisher nur einen minimalen Theil des
heimischen Bedarfs zu decken im Stande ist. Dies ist stets im Auge zu behalten, um die
große wirthschaftliche Bedeutung Galiziens als nächsten und sichersten Absatzgebietes für
die industriellen Erzeugnisse der westösterreichischen Kronländer gehörig zu würdigen. Als
hauptsächlichste Exportartikel sind zu nennen: Getreide und Mehl, Horn- und Borstenvieh,
Fleisch, Eier, Federn, Häute, Borsten, Holz in rohem und theilweise in verarbeitetem
Zustande, Spiritus, endlich rohes und raffinirtes Petroleum und Steinsalz.
Weizen und Korn werden jetzt fast ausschließlich als Mühlenfabrikate ausgeführt,
andere Getreidearten gelangen in rohem Zustande in den Handel. Merkwürdigerweise
steigert sich von Jahr zu Jahr die Zufuhr des ungarischen Weizenmehls, welches trotz
Frachtkosten in den südlichen Landestheilen coneurrenzsähig ist und den inländischen
Mühlenerzengnissen ein höchst gefährlicher Nebenbuhler um die Gunst des consnmirenden
Publikums geworden ist. Von gut insormirter Seite wird als Hauptursache dieses
Eindringens ungarischen Mehles die Überlegenheit der dortigen Mühlenindustrie sowohl
in technischer als in ökonomischer Hinsicht angeführt, was auch den Verfall zahlreicher
Wassermühlen im südlichen Galizien, z. B. im Dnnajeegebiete erklärt.
Höchst bedeutsam und von Jahr zu Jahr mächtiger entwickelt sich die Viehproduction
und der Export von lebenden und geschlachteten Thieren, sowohl nach den westlichen
Provinzen (Wien, Prag ?c.) als auch nach Deutschland (Schlesien, Bayern). In Folge
streng durchgeführter veterinärpolizeilicher Vorschriften treten jetzt die ehemals so furchtbar
verheerenden Thierseuchen verhältnißmäßig sehr selten auf, und die Viehzucht des Landes
erfreut sich seit Jahren besonderer Obsorge sowohl von Seite der einzelnen Landwirthe als
auch von Seite der landwirtschaftlichen Vereine, welche auf diesem speciellen Gebiete eine
höchst ersprießliche und hervorragende Thätigkeit entwickeln. Minder günstig gestaltet sich
der Handel mit Butter und Käse. Die sogenannte galizische Butter erfreut sich auf manchen
Märkten keines guten Rufes, wohl lediglich deshalb, weil es bisher leider noch nicht
gelungen ist, eine genügende Anzahl kapitalskräftiger Molkereigenossenschaften zu gründen,
weshalb der Butterhandel vielfach in die Hände von theils unredlichen, theils unfähigen
Kaufleuten gerathen ist, welche mit der Waare nicht fachmännisch umzugehen wissen und
sich meistens sehr bald die Gunst der auswärtigen Kunden verscherzen. Erst in neuester
Zeit haben sowohl Großgrundbesitzer als auch bäuerliche Grundbesitzer etliche Molkerei-
genossenschaften ins Leben gerufen, und es dürfte in nächster Zukunft ein Handelsverband
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch