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angehörigen landwirthschaftlichen Gauvereinen (landwirthschaftlichen Casinos) genossen-
schaftlich organisirte Einkaufs- und Verkaufsläden, die fast alle dem Bauer nothwendigen
Waaren führen und sich auch manchenorts mit dem Absätze bäuerlicher Producte, z. B.
Eier und Butter befassen. In West-Galizien allein existiren über 600 solcher ländlicher
Consumvereine, wovon circa 150 einem Handelsverband in Krakau angehören und durch
denselben die meisten Waaren beziehen. Ähnliche, wenn auch minder bedeutende Handels-
verbände der landwirthschaftlichen Gauvereine entstanden in den letzten drei Jahren
(1894 bis 1896) in Lemberg, Neu-Sandez und Dxmbica. Der Krakauer Handelsverband,
dessen Jahresumsätze die Summe von 600.000 Gulden erreichen, gründete im Jahre 1897
eine Zweiganstalt in Rzeszöw, um den in der dortigen Gegend gelegenen bäuerlichen
Consumvereinen den directen Bezug von Waaren aus dem in Rzeszöw errichteten Lager-
Hanse zu erleichtern.
Verwandte Zwecke verfolgt die in Lemberg von Rnthenen gegründete und streng
national organisirte Handelsgenossenschaft l 'oi-ko^Ia*. Dieselbe besitzt
in jeder größeren Stadt Ostgaliziens einen Verkaufsladen und versorgt auch eine größere
Anzahl bäuerlicher Krämer aus dem Lande mit guten und verhältnißmäßig billigen
Colonial- und Specereiwaaren.
Als besondere Eigenthümlichkeiten des galizischen Handels verdienen noch die in
Lemberg und Krakau existirenden Bazare für den Verkauf vaterländischer Jndnstrie-
erzeugnisse eine specielle Erwähnung. Der Lemberger Bazar wurde von der galizischen
Handels-Actien-Gesellschast, derjenige in Krakau von der Stadtgemeinde gegründet. Es
lässt sich nicht leugnen, daß mancher Zweig der inländischen Hausindustrie und des
städtischen Handwerks erst durch diese Bazare weiteren Kreisen des Publikums bekannt
geworden ist und erst auf diesem Wege für seine Erzeugnisse einen stabilen und vortheil-
haften Absatz gefunden hat. Fast dieselben Dienste leistet dem einheimischen Gewerbe
die vom „Verein zur Förderung vaterländischer Industrie" in Lemberg im Jahre 1895
eröffnete permanente Gewerbe-Ausstellung, worin der Besucher ausschließlich inländische
Waaren vorfindet und dieselben auch zu sehr mäßigen Preisen einkaufen kann.
Wenn die galizischen Handelsverhältnisse den ausländischen Fabrikanten und Groß-
händlern manchmal in keinem besonders günstigen Lichte erscheinen und die Solidität
mancher hiesigen Kaufleute noch ziemlich viel zu wünschen übrig läßt, so muß man diese
betrübenden Erscheinungen hauptsächlich gewissen ökonomischen und anderen Ursachen
zuschreiben, welche das Aufblühen großer Handelsstädte und das Entstehen eines reichen
Kaufmannsstandes in Galizien verhinderten. Der Mangel an kapitalskräftigen nationalen
Handelshäusern und der leider ziemlich niedere Bildungsstand des kleinen Kaufmannes
hielten bis in die neueste Zeit tüchtigere Kräfte vom Eintreten in die Handelscarriere ab,
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch