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Das Verkehrswesen.
Bei der ungünstigen geographischen Lage und Eonfignration Galiziens ist eine
gedeihliche Entwicklung des Communicationswesens von höchster Bedeutung für die
ökonomische Entwicklung des Landes. Letztere schreitet deun auch nach Maßgabe der
Förderung der Wasser-, Land- und Schienenstraßen zusehends fort. Es sei uns daher
gestattet, eine kurze historische Skizze aller dieser drei Arten von Verkehrsadern ans
Grund sehr schätzenswerther Materialien aus der Feder des derzeitigen Direktors der
k. k. Staatsbahn in Lemberg, Herrn Hofrath L. von Wierzbicki zu liefern.
Wasserstraßen. — Das Land Galizien liegt an der großen europäischen Wasser-
scheide und wird von derselben durchschnitten. Die Gewässer desjenigen Theiles des
Landes, der westlich, beziehungsweise nördlich der Wasserscheide liegt und einen Flächen-
raum von 40.103 Quadratkilometer umfaßt, gehören insgesammt in das Gebiet des
Baltischen Meeres und stießen dort mit der Weichsel ab, welche sämmtliche in diesem
Gebiete gelegenen Zuflüsse aufnimmt. Der übrige Theil des Landes Galizien, der östlich
von der europäischen Wasserscheide liegt und eine Fläche von 38.394 Qnadratkilometer
umfaßt, gehört zum Gebiete des Schwarzen Meeres, beziehungsweise zum Gebiete der
Zuflüsse desselben, des Dniepr, des Dniestr und der Donau.
Die Weichsel und der Dniestr, namentlich die erstere sammt ihren Znslüssen,
bildeten zur Zeit, als noch keine Eisenbahnen bestanden und auch keine Handelsstraßen
vorhanden waren, die wichtigsten Verkehrsadern zur Ausfuhr der Rohprodukte ins
Ausland. Auf der Weichsel und den Zuflüssen derselben wnrde namentlich das Getreide
seit undenklichen Zeiten auf eigenen, speciell zu diesem Zwecke gebauten Flachschiffen
nach Danzig und Thorn verfrachtet, von wo dasselbe znr See nach Nord-Deutschland,
England und Frankreich weiter verschifft wurde; als Rückfracht gelangten in das Land
Kunst- und Jndustrieprodncte des Westens. Minder günstig waren die Mißverhältnisse
des Duiestrs, woselbst infolge der Stromschnellen bei Jampol in der Nähe von
Mohilew und der sumpfigen und seichten Ausmündung bei Akkerman in der Nähe
des Schwarzen Meeres das Verstößen stromabwärts nur zeitweise möglich war und
ein Verkehr stromanfwärts nur auf kurzen Strecken durchgeführt werden konnte. Der
Hanptansfnhrartikel anf dem Dniestr war Holz verschiedener Arten zur Deckung des
Bedarfes der vollständig holzarmen Landstrecken am unteren Dniestr. Durch inter-
nationales Übereinkommen vom 19. Oetober 1781 wurden die Weichsel uud der Duiestr
in Betreff der Schiffahrt als neutrales Gebiet erklärt und wurde die Schiffahrt den
Unterthanen beider Reiche, Österreich und Rußland, unter gewissen, die Verzollung
betreffenden Bestimmungen freigegeben.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch