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machen — solid untermauert und stammt noch aus der Zeit des Kaisers Franz I. Znr
Zeit Kaiser Joses II. soll hier blos ein Reitsteg gewesen sein, der aber auf Geheiß des
Kaisers, der diesen Weg zu Pferde passirte, in eiue Chaussee umgewandelt wurde. Unter-
halb der zweiten Serpentine befindet sich eine Quelle, au welcher Kaiser Josesll. seinen Durst
gelöscht und die herrliche Berglandschaft bewundernd ausgeruht habeu soll. Alle Reize
einer Bergstraße vereinigen sich hier, um die Wanderung über das Mestckauester Joch
unvergeßlich zu machen. Fortwährend ansteigend bis znr wasserscheidenden Höhe macht die
Chaussee 24 Windungen; sie umstehen anfänglich hohe schlanke Fichten, von welchen man
aber gleich bei der folgenden Wendung kaum mehr als deren Gipfel sieht. Anch diese
verschwinden in den Schluchten und mit ihnen die Gipfel derjenigen Bäume, die, riesig
und mächtig, ihnen gefolgt waren. Allmälig befindet sich der Wanderer in schwindelnder
Höhe und übersieht, insoweit es die bewaldeten Berge rechts und links gestatten, einen
Theil der wunderbaren Gebirgswelt der Bukowina. Tiefe Stille herrscht hier; es ist die
Stille der Waldeseinsamkeit; nur ein plätschernder Gebirgsbach stört sie, wenn wir in
seiner Nähe nns befinden, oder es ertönt das lnstige „Trara" des Posthornes jener
kaiserlich-königlichen Diligenee, welche in Ermangelung der Eisenbahnverbindung zwischen
Bukowina und Siebenbürgen den beiderseitigen Postverkehr vermittelt. So an nackten
Felsen und bewaldeten Bergen vorbei, eilen wir dem Thal der Goldenen Bistritza zu,
wo wir rasch und ohne Vermittlung, uur links um den Fels einbiegend, von dem
freundlichen Bergorte Jakobeni anfgenommen werden. Nenes Leben begrüßt uns hier;
Eisengießereien, Hütten- und Hammerwerke beschäftigen eine Anzahl thätiger und
strebsamer Menschen. Wenu wir des Abends hier eintreffen, sv gewährt uns Jakvbeni
ein ungeahntes Schauspiel: Myriaden Vvn Feuersuuken entsteigen den Hochöfen und
erleuchten deu Luftkreis des kleinen Weichbildes. Der Ort beherbergt hauptsächlich deutsche
Kolonisten, wie sie in den Gebirgsgegenden der Bukowina im Dienste der Montanindustrie
häufig vorkommen. Freundliche Landhäuser lacheu uns entgegen; in den Fenstern gewahren
wir weiße Vorhänge und farbige Blumentöpfe, hinter den Stacketen vor dem Hanse winkt
uns der Hollnnder- und Rosenstrauch, die Schwertlilie und die Nelke. Zwei Kirchen fallen
uns ins Auge, in deren einer wir Kanzel und Chor ganz aus Gußeisen zierlich verfertigt
finden. Auf dem nahen Berge Arszitza, 483 Meter über der Thalsohle, nmgeben vom
Dnnkel dichter Waldungen, erblicken wir, einem Schwalbennest« gleich, ein sogenanntes
Bremshans, unter welchem bis an den Fuß des Berges eine Rollbahn angebracht
ist, die den Zweck hat, die Roherze ans den Gruben des Bergwerkes Arszitza zu den
Manipulationswerkstätten in Jakvbeni zu überführen. Etwas entfernter von dem genannten
Orte finden wir die bedeutendste Erhebung dieser Gebirgsgegend, den Suchardzel
(1709 Meter), den wir mittelst Fahrweges bequem in drei Stunden erreichen können.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch