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Antritte seines Amtes in fünf Denkschriften (October 1779) auf Verlangen der
Centralregiernng in trefflicher Weise über den Zustand des Buchenlandes berichten und
seine Reformvorschläge erstatten konnte. In einschneidenden Zügen hat er da die trostlosen
Zustände des Landes geschildert, die Mittel zur Abhilfe erörtert und schließlich sein
Reformprogramm entwickelt. Das Leben und Treiben der einzelnen Gesellschaftsclassen,
die Besteuerung der Bauern, das drückende Verhältniß derselben zu den Grundherren, die
Reformbedürftigkeit der städtischen Verwaltung, der erschreckende Mangel an Bildung
und Gesittung bei der Welt- und Klostergeistlichkeit, die Vernachlässigung der Landes-
cultur-Angelegenheiten, der Mangel einer Wohlfahrts- und Sicherheitspolizei, all' dies
findet in seinen Staatsschriften die ausführlichste, zumeist düsterste Beleuchtung.
Diese Denkschriften waren es, welche die Centralregiernng bestimmten, nun endlich,
nachdem im Großen und Ganzen seit 1774 der staws <zuc> im Lande aufrecht erhalten
worden war, die Verhandlungen über die definitive Regelung der Verhältnisse und über
die Organisation der Verwaltung des neuerworbenen Kronlandes in Fluß zu bringen. An
diesem Probleme ist nun jahrelang gesonnen, versucht und gearbeitet worden, aber nur
zögernd und tastend schritt man vorwärts. Der Administrator des Landes, General
Enzenberg, der Commandirende in Galizien, Feldmarschall-Lieutenant Schröder, der
dortige Landeschef Graf Brigido, der Hofkriegsrath, der böhmisch-österreichische Hofkanzler
und endlich der Staatsrath haben nacheinander auf Grund kaiserlicher Aufforderung ihre
Meinungen und Pläne über die durchzuführenden Reformen in der Bukowina zu
schriftlichem Ausdrucke gebracht.
Kraft kaiserlicher Entschließung vom 18. Januar 1780 wurden General Enzenberg
und der Oberkriegscommissär Wagmuth als Stellvertreter des Generals Schröder nach
Wien berufen, um beim Hofkriegsrathe an der großen Berathung über die Regelung der
Bnkowiner Verhältnisse theilzunehmen. Diese Berathungen währten vom 4. bis 15. April
1780, und die Resultate derselben wurden unverzüglich dem Kaiser vorgelegt. Sie
umfaßten alle wichtigen Fragen der Zukunft des Landes und bezogen sich auf die Stellung
desselben im Reichsverbande, auf die Reform der kirchlichen Angelegenheiten, auf die
Errichtung von Schulen, auf die neuen Zuwanderer griechisch-katholischen Bekenntnisses,
auf die Einrichtung der politischen Landesbehörde, auf die Begünstigung der Armenier,
um den Handel zu heben, auf die Verhältnisse der Juden, auf das Mauthwesen, auf den
Münzfuß, auf die Beschränkung der Einfuhr des Branntweins und des Steinsalzes, ans
Straßenbau und andere Communicationsmittel.
Der Kaiser verschob die Entscheidung über die vorgeschlagenen Reformen und gab
am 21. April 1780, wo noch das feste Vorhaben bestand, auf der geplanten Kaiserreise
nach Galizien und Rußland auch die Bukowina zu besuchen, die Erklärung ab, er wolle sich
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch