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„daß jene, blos in der Absicht, die öffentliche Verwaltung zu vereinfachen, im Jahre 1786
erfolgte Vereinigung ferner nicht bestehen könne, indem die Erfahrung gezeigt hat, daß
die Verschiedenheit der Sprache, Sitten und Gebräuche der Einwohner eine vollkommene
Vereinigung nicht erwarten läßt." Es sei daher beschlossen worden, verkündet das Patent
weiter, „daß dieselbe (die Bukowina) künftig nicht mehr als ein Theil des Königreiches
Galizien anzusehen sei, die Stände derselben nicht mehr Mitstände der galizischen aus-
machen sollen, in Ansehung der Staats- und Rechtsverwaltung aber indessen vorsehungs-
weise derjenige Zusammenhang mit Galizien zu verbleiben habe, welcher der Bukowina
Sicherheit und Aufnahme verspricht."
So sollte also im Sinne dieses kaiserlichen Patentes die Bukowina vom
1. November 1790 neuerdings als eine für sich bestehende Provinz nur durch die
gemeinschaftliche Landesverwaltung mit Galizien im Zusammenhange stehen. Nach dem
Wortlaute des Gesetzes hatte also das Land scheinbar eine autonome Stellung errungen.
Das war aber eine bittere Täuschung, und die einer Vereinigung beider Länder wider-
strebenden Patrioten mußten die schmerzliche Erfahrung machen, daß die Ereignisse stärker
sind, als alle Vorsicht der Menschen. Im Hinblick auf diese Täuschung konnte später die
Landes-Deputation in der Begründung des im Jahre 1848 an den Kaiser gerichteten
Gesuches mit Recht sagen: „Es blieb ungeachtet jener höchsten Orts ausgesprochenen
Erfahrung und anerkannt guten Absicht die Bukowina, vorzüglich in politischer Beziehung
wie ein Kreis Galiziens, und ihre Selbstständigkeit wurde außer bei der Steuerausschreibuug
kaum irgend bemerkbar."
Leopold's II. Patent vom 29. September 1790 schien vollends vergessen, als mit dem
kaiserlichen Gesetze vom 13. April 1817 für das Königreich Galizien eine neue
ständische Verfassung iu's Leben gerufen wurde und durch den §. 3 dieses Gesetzes die
Stände der Bukowina als mit den galizischen vereinigt betrachtet wurden.
So waren die Hoffnungen der Patriotenpartei, einen eigenen Landtag für die
Bukowina zu erringen, zu nichte gemacht, und die Abneigung gegen den vereinigten
Landtag in Lemberg war so stark, daß das erwähnte Majestätsgesuch wohl mit Recht
klagen durfte, die Verschiedenheit aller Verhältnisse der beiden Länder, Galizien und der
Bukowina, sei der Hauptgrund gewesen, daß die Bukowina an den bisherigen galizischen
Landtagen niemals theilgenommen habe.
Nur auf dem Gebiete der Justizverwaltung wurde den autonomistischen Bestrebungen
insoserne Rechnung getragen, daß mit dem Hofdeerete vom 23. Februar 1804 für die
Bukowina ein besonderes Landrecht und Kriminalgericht in Ezernowitz errichtet,
für die fiscalämtlichen Geschäfte ein Fiscaladjnnct nach Ezernowitz gesetzt wurde und die
Bnkowiner Landtafel ihre eigene Führung erhielt.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch