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Im Sommer 1818 wurde die Clericalschule nach einem Bestände von 32 Jahren
nnvermuthet geschlossen, weil die Stndienhofcommission von der gewiß wohlwollenden
Tendenz erfüllt war, eine höhere theologische Lehranstalt an ihre Stelle zu setzen.
Das Bedauerliche aber war, daß man das Alte aufhob, ohne es rasch durch eine neue
Schöpfung zu ersetzen. Die „Einführung des ordentlichen theologischen Studiums"
verzögerte sich in dieser Zeit langsamer und träger Entwicklung durch mehrere Jahre. Erst
durch das Handschreiben des Kaisers Franz I. vom 16. Juni 1821 kam die Sache in
rascheren Fluß und wurde der Bischof aufgefordert, die entsprechenden Anträge in Bezug auf
die „Einführung" einer theologischen Studienanstalt und Gründung eines Clerical-Seminars
der Regierung vorzulegen. Dem von Alter und Krankheit gebeugten Bischof Wlachowiez
war es nicht gegönnt, diese Aufgabe zu lösen; er starb am 20. August 1822. Ein gütiges
Geschick hatte die Sorge für die Erfüllung der Wünsche der Patrioten in die Hände
des ungemein rührigen Nachfolgers Jsa ia Baloseskul gelegt. Dieser Kirchenfürst hat
die Pläne und Entwürfe für die Gründung einer theologischen Lehranstalt und eines
Clericalseminars ausgearbeitet, und nach langen Verhandlungen und sieghafter Über-
windung vieler Schwierigkeiten traten diese zu einer segensreichen Wirksamkeit berufenen
Institute in den Jahren 1827 und 1828 endlich in's Leben. Daß von dem ersten Ent-
schlüsse bis zur Gründung dieser Institute ein Zeitraum von fast sechs Jahren verstrich,
war gewissen Unterströmnngen zuzuschreiben, deren Quelle unschwer zu errathen ist. Ans
diese Unterströmungen ist im Berichte des Bischofs Jsaia vom 8. Juni 1824 deutlich
hingewiesen, indem er sagt: „Mehreren Allerhöchsten Befehlen, vielfältigen Gnbernial-
Anordnungen in Bezug auf Entwürfe zu einem bischöflichen Seminario für die Bnkowiner
Diöcefe der griechifch-nichtnnirten Kirche wurde keine Folge geleistet. Mögen diejenigen,
welche die Einführung dieser in religiöser sowohl als bürgerlicher Hinsicht heilbringenden
Bildungsanstalt, sei es aus Unwissenheit, Mangel an Einsicht oder einer anderen unedlen,
vielleicht gar unredlichen Absicht zurückgesetzt haben, es bei dem barmherzigen zwar, aber
zugleich strengen Richter einst verantworten."
Endlich am 4. Oetober 1827, am Namenstage des Kaisers Franz I. fand die
feierliche Eröffnung der neuen theologischen Lehranstalt in Ezernowitz statt,
und vier Monate später, am 12. Februar 1828, am Geburtstage des Kaisers, erfolgte
in feierlichster Weise die Ankündigung der Eröffnung des Clericalseminars. Diese
Gründungen bilden einen Wendepunkt, sie bezeichnen die Anfänge eines höheren Geistes-
lebens der griechisch-orientalischen Glaubensgenossen. Nach 48jähriger Wirksamkeit ist die
im Jahre 1827 in's Leben gerufene Lehranstalt bei der Gründung der Universität als
lebensvolles Glied derselben — als theologische Facnltät — zu neuer Blüte berufen
worden.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch