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Branntwein oder ein Stößel Salz/ die Frauen eine Henne als Geschenk mitbringen.
In der Mitte des Zimmers wird eine Holzbank aufgestellt, auf welcher die Eltern
Platz nehmen, Brot und Salz in der Hand; zu ihren Füßen liegt eine Strohgarbe
ausgebreitet, auf derselben ein Kotzen (Hausteppich) mit einem Polster. Auf diesen
Polster nun kniet Braut oder Bräutigam nieder und der angesehenste der Gäste recitirt
folgenden Segensspruch: „Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes,
Amen. Niedergekniet ist dieses Kind und beugt seinen Kranz vor dem väterlichen Sitze,
vor Gott dem Herrn, vor der allerreinsten Jungfrau, vor der Welt so hell, vor den Ange-
hörigen so schön, vor dem Tisch so ehrbar, vor den Gaben Gottes; vor Vater und Mutter,
vor Brüdern und Schwestern, vor Brautvater und Brautmutter, vor Onkeln und Tanten,
vor allen Verwandten, vor allen Nachbarn und vor Euch allen, ihr ehrbaren Christen,
verbeugt es sich, wie das helle Wachslicht vor den Kirchenbildern. Das Licht erglänzt und
flammt und schlägt den Feind mit der Flamme nieder. Dieses Kind aber erbittet sich Ver-
zeihung: vorerst bei Gott dem Herrn und vor Euch verbeugt es sich, bittet Euch um
Verzeihung und den Segen, Ihr ehrbaren Christen möget alle es segnen mit Glück und
Gesundheit, mit vielen Jahren und Wohlstand; Ihr möget es begleiten zur glücklichen
Stunde auf den langen Lebensweg. Auch zum zweiten Male erbittet sich dieses Kind
Verzeihung und Segen, und zum dritteu Male bittet es zc." Nach jedem Male antworten
die Anwesenden: „Gott möge dir verzeihen, Gott möge dich segnen." Bevor Braut und
Bräutigam die elterlichen Häuser verlassen, um getrennt in die Kirche zu ziehen, werden sie
mit Weizen beworfen. Begleitet wird die Braut auf ihrem Gange von den zwei Braut-
jungfrauen, der Brautmutter, einer ,svvas?Icg,° und ihren „Bojaren"; der Bräutigam von
den Brautführern, dem Brautvater, der »swiwvvka" und seinen „Bojaren". An der Spitze
der beiden Züge schreiten die letzteren, während auf dem ersten der nachfolgenden Wägen
das Tannenbäumcheu prangt. Während des Ganges zur Kirche singen sie unter Musik-
begleitung folgende Lieder:
„Wohin geht die Ncise heute? ' Nüst den Vater an im Schmerze:
In den Wald und Hain so weite? Liebes, trautes Vaterherze
Nicht zum Wald und Hain, ihr Leute, Rette mich aus diesem Meere.
In die Kirche zieh'n wir heute. „„Wenn dies, Kind, mir möglich wäre!
Nicht das Meer thut so ertönen, Dies hängt ab von jenem Herrn,
Bräutchen weint vielmehr schon Thränen, Der Dich wird zur Frau begehren.""
Vor der Kirche treffen beide Züge zusammen; in derselben findet die Trauung
durch das Wechseln der Ringe und Auflegen der Kränze auf die Köpfe des Paares statt,
! In letzter Zeit werden die Hochzeitsfeierlichkeiten zu Folge der Nüchternheitsbewegung in der Bukowina fast durch-
gebends ohne Branntwein begangen.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch