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sich, wie schon erwähnt, die erwachsene Dorfjugend, um Todtenwache (lubok oder
prewekje) ^ zu halten und gesellige Spiele, selbstverständlich ohne Gesang, aufzuführen.
Wird der Sarg gehoben, um aus der Stube zunächst in die Kirche und dann auf
den Friedhof getragen zu werden, so senkt man denselben dreimal über jeder Schwelle des
Hauses, als wenn der Todte Abschied nehmen wollte; die Angehörigen aber bleiben in der
Stube zurück, schließen schnell Thür und Fenster zu, daß nicht der Todte Jemanden nach
sich rufe und kommen erst nach einer Weile heraus, um an der Beerdigung theilzunehmen.
Die Hinterbliebenen sowohl, als auch bestellte Klageweiber stimmen nun unterwegs
Klagelieder an. „Ei, wie konntest Du uns, lieb' Mütterchen, so lassen? Wer wird uns
jetzt Essen verabreichen? Wer wird uns jetzt Pflegen und kämmen? — O! meine theuere
Mutter, wie wirst Du hier so vereinsamt liegen", — so beklagen die Töchter den Tod
ihrer Mutter. „Ei, Söhnchen, mein Söhnchen, welch' kleine Hütte hast Du Dir erbaut;
wer wird Dich von nun an herzen und kosen, wie wird es Dir so kalt in der Erde sein; wer
wird Dich nähren und kämmen", — so jammert die Mutter um ihr verstorbenes Kind.
Dem Erwachsenen wurde in früheren Zeiten ein Kuchen, seltener eine gebratene Henne oder
eine Flasche Branntwein in den Sarg mitgegeben; doch hat dieser Brauch schon überall
aufgehört. Stets aber erhält der Todte einen oder zwei Kreuzer, die ihm auf die Brust
gelegt oder dem Sarge nachgeworfen werden (ähnlich dem Obolos im Alterthum).
Ein großer Laib Brot, in welchen fünf bis neun Stäbchen mit daran befestigten Leb-
kuchen, Zwetschken und Äpfeln gesteckt werden, genannt ^parastas" o d e r w i r d
dem Sarge vorangetragen und deutet auf einen alten Opferbrauch hin.^ Auch Pflegt man
eine lebende, schwarz befiederte Henne über das Grab hin dem Todtengräber als Entlohnung
für seine traurige Dienstleistung zu reichen und dem Todten ins Grab Geld oder Erd-
klumpen nachzuwerfen.
Die Trauerandacht, gleichfalls .parasws- (Todtenmesse, Requiem) genannt, für
das Seelenheil des Todten, verbunden mit einem Todtenmahl, wird in der Regel in sieben,
neun, vierzehn, vierzig Tagen oder in einem Jahre nach beendeter Seelenmesse im Trauer-
hause selbst abgehalten, worauf gekochter Weizen (kole^o) und andere Speisen genossen
und unter die Gäste kleine Kuchen mit Wachslichtern, sowie Töpfchen, die mit Wasser
gefüllt sind, vertheilt werden. Bei der Übergabe der Kuchen und Töpfchen wird stets der
Name des Verstorbenen genannt, für dessen Seelenheil (2a N.) die Gabe gespendet
wird. Auch für sein eigenes Seelenheil Pflegt der Hausvater ein Töpfchen mit den Worten
zu spenden: „Im Vorhinein für meine Seele" (na, vvporecl maji äusÄ). Hernach werden
' lubok — Liebesdienst; „prsvshs- — vom rumänischen xrivsxkierea — Wachen, Bewachen.
2 das Danebenstehende, weil dieses so aufgeputzte Brot sowohl im Trauerhause, als auch iu der Kirche neben
dem Leichnam aufgestellt wird. Wird das Schlußgebet für den Todten verrichtet, so wird der «xarastas- dreimal gehoben
und gesenkt.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch