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Bukowina blos eine breitere Schürze rings um den Leib schlingt; auch der merkwürdige
galizische Frauenmantel, die .Außlia", ist in der Bukowina nicht zu finden, und wird hier
durch einen gewöhnlichen Mantel vertreten. Bezüglich der Sprache ist zu bemerken, daß
jene der bukowiner Huzulen reicher an romanischen Elementen ist, als die der galizischen;
diese Erscheinung findet ihre Erklärung in dem Verkehre mit den rumänischen Anwohnern.
Von der oben angeführten Westgrenze bewohnen nämlich die Huzulen das Bergland der
Bukowina bis in das große Sereththal, wo ihre Nachbarn im Hügellande die stamm-
verwandten Rusnaken sind. Ferner besiedeln sie das obere Snczawathal bis Frassin,
woselbst das k. k. Gestüt sie scharf von den weiter thalabwärts wohnenden Rumänen
scheidet. Weiter südwärts zieht sich ihre Grenze gegen die Rumänen am linken Ufer des
Brodinabaches. Es ist bezeichnend, daß ein rechter Zufluß des genannten Baches, die kleine
Brodina, den rumänisch ausklingenden Namen Brodinoara führt, ein linker Zufluß aber mit
dem rein slavischen Namen Laorn? potok, das heißt der schwarze Bach, bezeichnet wird.
Auf dem Berge Heppa, welcher sich im Winkel zwischen dem linken Ufer der Brodina und
dem Suezawaflufse erhebt, findet man bei den Huzulen bereits dieselben Gebräuche und
Volksüberlieferungen, wie sie in anderen Theilen des Gebirges bekannt sind. Weiter süd-
wärts wohnen die Huzulen jenseits der Wasserscheide der Brodina im Thale der Moldawitza
in Ardzel und Ruß-Moldawitza, ferner jenseits der Wasserscheide der oberen Quellbäche
der Suczawa im Moldawathale bis Briaza, endlich im Südwesten bis Kirlibaba im
Bistritzthale. Getrennt von der Masse ihrer Stammesbrüder wohnen Huzulen auch noch
im Thale der Sucha, eines südlichen Zuflusses der Moldawa.
Die bukowiner Huzulen wohnen somit durchaus im Gebirge; im Osten und Südosten
sind sie durch die Rumänen vom Hügellande völlig abgeschlossen. Daher weisen die Huzulen
alle Eigenthümlichkeiten auf, welche den Gebirgsbewohnern eigen zu sein Pflegen. Sie sind,
insofern übermäßiger Branntweingenuß oder ausschweifender Lebenswandel nicht entnervend
einwirkte, kräftiger und selbstbewußter als die Bewohner des Hügellandes; die alten Sitten
bewahren sie überaus treu, so daß z. B. bei ihnen sich noch deutliche Überreste der altslavi-
schen Hausgenossenschaft finden. Die reiche Fülle ihres Aberglaubens, ferner ihrer Mythen
und Sagen, ebenso der Räthsel und Sprichwörter legt Zeugnis ab von einer lebhaften
Phantasie; und wenn auch die Liebe zum Gesäuge nicht sehr entwickelt ist, so zeigen die
Huzulen im Dichten kleiner Lieder und in der Handhabung ihrer Blasinstrumente, vorzüglich
des langen Alphorns, der Trembita, nicht geringes Geschick. Der Aufenthalt im Gebirge
hat auch einzelne merkwürdige Einrichtungen und manche Eigenthümlichkeit in Sitten und
Anschauungen gegenüber den stammverwandten Hügelländern hervorgerufen.
Einige dieser charakteristischen Züge mögen hier Erwähnung finden. So vor Allem
die überaus weitgehende Gastfreundschaft, welche der Huzule jedermann zu Theil werden
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch