Seite - 277 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bukowina, Band 20
Bild der Seite - 277 -
Text der Seite - 277 -
277
einem Reichen alles gelingt, dient die Redensart: „Der Hahn legt ihm Eier und der Stier
wirft ihm ein Kalb." Um anzudeuten, daß man Beschäftigung, Verdienst sucht, daß man
seiner gewohnten Arbeit nachgeht und dergleichen, wird gesagt: „Die Henne scharrt, damit
sie etwas ausscharre." Schließlich heißt es über die Hartnäckigkeit der Weiber: „Leichter
ist's von einer milchlosen Kuh Milch zu erhalten, als von einer Hexe die Wahrheit zu
erfahren." Anknüpfend an die letztere Redensart mag bemerkt werden, daß es ähnlicher die
Frauen herabsetzender Sprichwörter eine ganze Reihe gibt, und daß das Weib bei den
Huzulen überhaupt nur eine sehr untergeordnete Stellung einnimmt.
Die Viehzucht im Gebirge ist im Großen und Ganzen eine Nomadenwirthschaft.
Der Auftrieb auf die Almen findet im Juni statt, wenn der Schnee geschmolzen ist. Die
Armen übergeben ihre Viehstücke den Reicheren zur Obhut und Pflege; auch aus dem
Hügellande führen ihnen die Landleute ihre Herden zu. Die Milchwirthschaft auf den
Almen wird nur von Männern betrieben. Von dem großen Schafhunde und dem Pferde
begleitet, das die nöthigen Geräthe und den Sack mit Kukuruzmehl für die Kulescha
(dicker Brei) auf dem Rücken führt, zieht der Senne unter den Glückwünschen der
Seinen mit den Herden auf die Hochwiesen. Auch sein langes Alphorn, die Trembita,
vergißt er nicht daheim; mit ihren langgezogenen Tönen pflegt er den seiner Alme sich
nahenden Wanderer schon aus der Ferne zu begrüßen. Sobald die Hirten mit ihren Herden
auf den Bergwiesen angelangt sind, wird zunächst das sogenannte lebendige Feuer
angefacht. Zu diesem Zwecke wird ein Holzstück an einem Ende mit einem Spalt versehen
und in denselben ein Zündschwamm geklemmt. Durch starkes Reiben an einem anderen
Holze wird dann der Schwamm zum Glühen gebracht und mittels desselben das Feuer in
der Sennhütte angezündet. Dasselbe darf bis zum Abtreiben der Herden nicht verlöschen;
würde dieses geschehen, so sähe man darin ein böses Vorzeichen für den Besitzer der Alme.
Über die Asche des Feuers treibt man aber die Viehstücke, um sie gegen böse Mächte und
jeden Zauber zu schützen. Besonders viel hat das Vieh durch die „bösen Blicke" neidischer
und schlechter Menschen zu leiden; um es dagegen zu schützen, bindet man, besonders den
schönen Thieren, rothe Bänder um den Hals und an den Schweif. Ist sich ein Viehbesitzer
oder ein Hirt bewußt, daß er einen „bösen Blick" habe, so ertheilt er einem seiner Haus-
genossen den Auftrag, ihn insgeheim Teufel oder Räuber zu schimpfen, sobald er sich dem
Vieh nähere; dies soll die Wirkung des bösen Blickes ausheben. Viel Leid thun vor Allem
aber die Hexen den Kühen an. Sie verstehen es auf mannigfaltige Weise fremden Kühen
die Milch zu nehmen und sich dieselbe anzueignen. So führen die Hexen Beutel mit sich,
in welchen sich die Milch von den Kühen ansammelt, welche sie mit ihrem bösen Blick
behexen. Der Beutel wird sodann mit einer Zauberschnur zugebunden und bleibt zum
Gebrauche der Hexe stets mit der Milch gefüllt, welche die verzauberten Kühe verloren.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch