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Thiere mit demselben zu bestreichen, dem schleicht sich der Böse ins Haus nnd reitet und
springt so ungestüm ans den Thieren umher, daß diese vor Ermüdung noch in derselben Nacht
zu Grunde gehen oder doch sehr abmagern. Aber auch die auf das Weihnachtsfest folgenden
Tage sind durch zahlreiche Gebräuche ausgezeichnet. Es währt mehrere Tage bis die
Bögen der wiederkehrenden Sonne merklich größer werden, und deshalb dauert auch die
Feier dieser Wiederkehr zwölf Tage, nämlich von der Weihnacht bis zum Dreikönigsfest.
Es ist schon bemerkt worden, daß in manchen Gegenden das lebendige Feuer durch alle
diese Tage erhalten wird. Anderwärts darf man von Weihnachten bis zum Dreikönigstage
draußen nicht essen, damit die Mäuse nicht die Saaten verzehren und die Getreidevorräthe
schädigen. Besonders die Neujahrsnacht ist während dieses Zeitraumes der Wunder voll.
In derselben sprechen, wie übrigens auch in der Weihnacht, die Thiere; nur darf man ihr
Gespräch nicht belauschen, weil man sonst sterben könnte. Ferner brennen in dieser Nacht
die verborgenen Schätze und reinigen sich hiednrch. Man muß an der Stelle, wo die
Flammen erschienen sind, Pflöcke einschlagen, damit man im Frühjahre nachgraben könne.
Auch sucht man an diesem Tage dnrch verschiedene Mittel die Zukunft zu erforschen. Um
z. B. zu erfahren, wer übers Jahr an diesem Feste noch leben und wer bis dahin mit Tod
abgehen werde, füllt man eine Schüssel mit Asche und zieht durch diese eine breite tiefe
Furche. Rechts und links von derselben werden zwei Späne hineingesteckt, von denen der
eine den Pfarrer, der andere den Kirchensänger verfinnbildet. Ebenso wird für jede
anwesende Person zu einer Seite der Furche, die gleichsam das Grab vorstellt, ein Span
in die Asche gestoßen. Diese Hölzchen werden sodann angezündet und man achtet darauf,
wohin die Asche der verglimmenden Kohlen fällt. Sinkt sie in die Furche, so stirbt die
betreffende Person bis zum nächsten Neujahrstage; fällt sie seitwärts von der Furche, so
bleibt der Mensch am Leben. Am Dreikönigstage findet wie anderwärts bei den
orientalischen Christen die große Wasserweihe statt. Durch zwei Wochen nach diesem Feste
ist daher alles Wasser geweiht, und man darf an den Bächen und Flüssen keine Wäsche
waschen. Da auch die Erde geweiht ist, so ziehen in der Nacht nach dem Feste alle bösen
Geister, wie auch die Seelen der Ertrunkenen, die sonst im Schoße der Erde weilen, uustät
über dieser umher; auch die Seelen der ungetanst gestorbenen Kinder flattern durch die
Lüfte und bitten um die Taufe.
Ebenso wie die geschilderten Gebräuche uud Aberglauben auf das alte Fest der
Winter-Sonnenwende hindeuten, zeigen die Feste in den folgenden Monaten bis Ostern,
dann dieser hohe Festtag selbst und endlich einige Festtage nach Ostern deutliche Spuren
der Feier der Tag- und Nachtgleiche im Frühling. So mag z. B. hier erwähnt werden,
daß am Feste Christi Darstellung (14. Februar) nach dem Volksglauben Sommer nnd
Winter einander begegnen. Ist dieser Festtag mild, so kommt der Bär aus seiner Höhle
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch