Seite - 281 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bukowina, Band 20
Bild der Seite - 281 -
Text der Seite - 281 -
281
hervor, aber nur zu dem Zwecke, um dieselbe besser zu verwahren, denn der Winter wird
noch lange anhalten. Ist es aber kalt und bransen die Schneestürme, dann bleibt der Bär
in der Höhle; es tritt aber um so früher die milde Jahreszeit ein. In die zweite Hälfte
des März fallen die Tage der Baba Jeudocha (Eudoxia), über welche die Huzulen ebenso
wie die Rnsnaken und Rumänen viel zu erzählen wissen; sie ist aber offenbar eine
Personifikation des Winters: wie dieser nun völlig erstirbt, so erfriert oder versteinert die
'„Alte" Jeudocha. Der Feier des Sieges des Frühlings über den bösen Winter war aber
das Osterfest in seiner ursprünglichen Bedeutung geweiht. Wie nach Weihnachten der
„Alte" verbrannt wurde und im März die „Alte" zu Grunde geht, so wird nun auch am
Gründonnerstag der „Alte" verbrannt. Die Huzulen nennen diese Sitte geradezu den
Judas (das heißt den Teufel) verbrennen, woraus klar hervorgeht, daß es sich um die
Vernichtung des winterlichen Gottes handelt. Am Gründonnerstag baden sich morgens die
Mädchen im fließenden Wasser, um schön zu werden und gesund zu bleiben. In derselben
Absicht geschieht das Begießen der Burschen und Mädchen am Ostermontag und -dienstag:
dem von seinen winterlichen Fesseln befreiten Wasser wohnt offenbar ganz besondere Kraft
inne. Wie zur Weihnachtszeit, so beobachtet man auch zu Ostern allerlei Orakel. Am
ersten Ostertag strebt jeder möglichst rasch am Glockenstrang zu ziehen; denn man ist der
Ansicht, daß jedem, dem dies gelingt, im nächsten Jahre die Hände von der Arbeit nicht
schmerzen werden, nnd daß ihn das Glück so überhäufen werde, wie die Klänge aus der
Glocke quillen. Deshalb hört man auch die Glocken während der Ostertage fast ununter-
brochen, und so sehr erscheint dies Geläute von der Osterfeier untrennbar, daß das Volk
dasselbe auch an der Stätte abgetragener Kirchen zu vernehmen glaubt. So erzählen die
Huzulen, daß am Ostersonntag auch die Glocken jener Klosterkirche länten, welche einst an
der Grenze der Gemeinden Ploska und Serdzie an der Stelle stand, wo der Lostunbach in
die Putilljuka fällt. Die Mönche hatten ein unsittliches Leben geführt, daher war das
Kloster aufgehoben und die Kirche abgetragen worden. Eine von den Glocken desselben
wurde an der Klosterstätte verscharrt und diese läutet auch jetzt noch am Ostersonntag.
Fünfundzwanzig Tage nach Ostern, also stets auf den Mittwoch der vierten Woche nach
Ostern, fällt das merkwürdige Fest „Rachmanenostern", das übrigens auch von den
Rnsnaken und Rumänen gefeiert wird. Die Huzulen erzählen, daß diese Rachmanen
Zwerge seien, die am fernen Meeresgestade wohnen und so klein sind, daß zwölf derselben
in einem Backofen dreschen können. Dieselben seien überaus rechtschaffen und ein Muster
für die Menschen; aber sie wüßten nicht, zu welcher Zeit das Osterfest gefeiert werden solle.
Da hatten die Menschen beschlossen, ihnen Nachricht hievon zu geben. Man warf daher
die Schalen der zu Ostern verzehrten Eier in die Bäche und Flüsse, damit diese den
Zwergen die Botschaft brächten. Als nun die Schalen dahingelangten, feierten die
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch