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ins Maul, weshalb dieselben oft, besonders bergab und bei Glatteis, von dem herunter-
treibenden Wagen an den Hinterfüßen getroffen werden und durchgehen.
In letzter Zeit überwiegt bei ihnen das weibliche Geschlecht etwas über das männliche,
da sich die Jünglinge aus Widerwillen gegen den Militärdienst oft ins Ausland begeben
nnd sich daselbst bleibend niederlassen. Nach Gemeinden und Seelenanzahl sind die Lippo-
waner in der Bukowina folgendermaßen vertheilt: In Biata-Krinitza. sind 972, in
Klimoutz 1223, in Lippoweny 469, in Snczawa 53 und in Lukawetz 294 Seelen.
Die Deutschen.
Deutsche Gewerbsleute fanden sich in der heutigen Bukowina, und zwar in Sereth
und Snczawa, schon zu Ende des XIV. Jahrhunderts vor. Sie waren aus Siebenbürgen
eingewandert und unterhielten einen regen Verkehr mit dem Mutterlande. Unter der
stammfremden Bevölkerung konnten sie sich jedoch, vielleicht wegen ihrer verhältnißmäßig
geringen Anzahl, nicht behaupten; zur Zeit des Einmarsches der österreichischen Truppen
in die Bukowina erinnerten an sie nur noch die Ruinen ihrer Kirchen. Ebenso waren
damals jene deutschen Tuchmacher, welche der Vater des letzten polnischen Königs, der
Graf August Pouiatowski, mit Bewilligung des moldauischen Fürsten Johann Theodor
Kallimachi zu Prelipeze oder Philippeuy am rechten Ufer des Dniestr, Zaleszczyki gegenüber,
im Jahre 1760 angesiedelt hatte, bereits verschwunden. Dasselbe Schicksal drohte auch
der einige Jahre jüngeren deutschen Ansiedluug Sadagöra. Hier hatte der Ostseeländer
Peter Freiherr von Gartenberg (russisch Sadagörski) im Jahre 1770 eine russische Münz-
stätte errichtet und zu ihrem Betriebe eine Anzahl Landsleute herbeigerufen, denen sich
bald auch verschiedene Gewerbs- und Handelsleute deutscher Abstammung, darunter auch
Juden, zugesellten. Alle diese Ansiedler blieben, als die Münzstätte im Frühjahre 1774
wieder aufgelassen wurde, im Lande zurück und erhielten sich nur durch den besonderen
Schutz, den ihnen die Bukowiner Militärverwaltung angedeihen ließ. Heute ist Sadagöra
ein Marktflecken, der nahezu 5000 Einwohner zählt.
Der guten Dienste wegen, welche die Bewohner von Sadagöra nicht nur der nahen
Hauptstadt, sondern auch anderen, entfernteren Bukowiner Ortschaften leisteten, redete
General Spleuyi der Anlegung deutscher Colonien wiederholt das Wort. Nicht minder
wußte sein Nachfolger, General Enzenberg, die Deutschen als Verbreiter höherer Cultur
zu schätzen. Insbesondere schienen letzterem die „fleißigen deutschen Hände" zur Förderung
des Ackerbaues in der Bukowina nöthig. Wenn trotzdem weder der eine noch der andere
Landesverweser die Gründung solcher Ansiedelungen in Angriff nahm, ja, der eine von
ihnen, Enzenberg, sogar eine dazu sehr günstige Gelegenheit nnbenützt verstreichen ließ,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch