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eigene Herberge zu errichten; doch durfte in derselben kein Wirthshaus eingerichtet, kein
Bier gebraut, uoch Meth bereitet, auch keine Fleischbank angelegt, noch Brot verkauft werden,
außer daß hiefür die städtischen Gebühren erlegt würden. Man wird wohl mit Recht
annehmen dürfen, daß von diesem Zugeständnisse viele Kaufleute Gebrauch machten, und
daß in Folge dessen neben den armenischen, besonders auch polnische Kaufleute in die
Bukowina kamen. Zu Gunsten derselben sind vom polnischen Könige Sigismund im
Jahre 1521 und hierauf vom moldauischen Fürsten Peter VI. (V.) dem Lahmen im
Jahre 1579 Verordnungen gegen die jüdischen Handelsleute erlassen worden. Letzterer
Fürst war es auch, der den Ort Szipenitz nördlich vom Prnth zum Marktplatze für den
Handelsverkehr mit den Lemberger Kaufleuten bestimmte.
All' dies zeugt von einem regen Verkehre zwischen der Bukowina und der Metropole
des angrenzenden Theiles von Polen. Außer dem Handel gaben hiezn oft auch andere
Angelegenheiten Veranlassung. Welch' mächtige Anziehung auf die Blüte der polnischen
Ritterschaft übte beispielsweise die liebliche Tochter des Wojwoden Basil Lupul, welche
als Domna Rofanda in der polnischen Sage fortlebt. Zu ihren Werbern zählte dieselbe
einen Stefan Potoeki, den Fürsten Korybut Wiszniowiecki, den Großkanzler von Lithauen
Albrecht Radziwilt und mehrere andere. Die vielfachen Beziehungen zu Polen haben
schließlich auch in mancher anderen Richtung auf die moldauischen und insbesondere auf
die Bukowiuer Verhältnisse eingewirkt. Hier sei nur ein besonders bemerkenswerther Fall
angeführt. Während in den übrigen Theilen der Moldau an der Spitze der Kreise
Parkalaben, das heißt Burgoberste standen, wurde der Vorsteher des Czernowitzer Districtes
mit dem polnischenTitel „Starost", das ist der „Älteste", bezeichnet. Dies fielschon dem ersten
Landesverweser der Bukowina General von Splenyi auf, und er versucht diese Erscheinung
in seiner Denkschrift vom Jahre 1775 zu erklären. Der Districtsverwalter von Czernowitz,
lesen wir in derselben, wird „nach der polnischen Art" Starost genannt, um ihm „ein
mehreres Ansehen bei den benachbarten Polen zu geben".
Als Österreich an die Erwerbung der Bukowina schritt, war im Lande die einstige
Zugehörigkeit einzelner Theile desselben zum Königreich Polen nicht vergessen. So erfuhr
der im Jahre 1773 in die Bukowina gesandte Hauptmann Mieg von den Bauern, dass
die polnische Grenze einst auf dem Bergrücken Bukowina, der sich von Chotin am Dniestr
gegen Czernowitz erstreckt, gezogen wäre. Juden zeigten ihm ans diesem Hügelzuge auf
dem Wege zwischen Dobronontz und Czernawka einen Grenzstein. Einige Bojaren endlich
wollten sogar wissen, daß nicht nur der Czernowitzer, sondern auch der Suczawer District
ehemals zu Polen gehört hätte, und einer von ihnen wies zum Beweise der Richtigkeit
seiner Behauptung jene Urkunde vor, welche schon oben uns als Quelle für die Bestiftuug
des Polen Holubowski mit Bukowiner Gütern gedient hat. Bekanntlich hat auch thatsächlich
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch