Seite - 342 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bukowina, Band 20
Bild der Seite - 342 -
Text der Seite - 342 -
342
Hölzer lagern. Auf diese Weise erscheint das Gerüste für die aus Schwarten, Rinden,
Reisig und dergleichen und darüber befindlichem Erdreiche bestehende Dacheindecknng
gebildet. Die Wände werden durch etwas geneigt eingegrabene, sich an die unteren
Psetteu lehnende Schwarten oder Brettstücke und Erdreich hergestellt, so daß nun diese
primitive Wohnung von außen einem Hügel gleicht. Der Eingang, kaum mehr als einen
Meter hoch, befindet sich im Süden oder Osten an einer Schmalseite; ein kaum kopfgroßes
Fensterchen ist ferner an der wettergeschützten Langseite zu finden. An der entgegengesetzten
Längswand steht, wenig entfernt von dieser, ein aus Ruthen geflochtener und mit Lehm
verschmierter Ofen in Form einer unten etwas stärker gehaltenen, dnrch die Decke als
Rauchfang reichenden Säule. An drei Seiten des Ofens verbreitert sich der Sockel zu der
zwar äußerst engen, im rauhen Winter aber gerne aufgesuchten Lagerstätte, und unter ihm
ist eine als Backraum dienende kleine Aushöhlung angeordnet. Längs der rückwärtigen und
der Fensterseite sind aus rohen Brettern Lager gezimmert, während an den oft mit Kalk
getünchten Wänden einige Brettchen zum Aufstellen der wenigen Kochgefäße und dergleichen
befestigt erscheinen. Gewöhnlich besitzt eine solche Erdwohnung noch einen ans Flechtwerk
hergestellten Vorraum mit einer winzigen Abtheilung für Schweinchen oder für den treuen
Hund, dessen Anhänglichkeit unter dem Elend seines Herrn in keiner Weise gelitten.
Manchmal kann der letztere noch eine Knh sein eigen nennen und dauu hat er für diese
neben seiner Wohnung einen geflochtenen Stall errichtet; ein eingefriedetes Kohlgärtchen
vervollständigt das Heim des braunen Gesellen und seiner vielköpfigen Familie. Seine
Ahnen, erzählt er uns, waren es, die ihm gelehrt, sich seine Hütte zu bauen.
Nur auf eigener gesicherter Scholle und im völligen Unabhängigkeitsverhältniß des
Besitzers kann sich das Bauernhaus naturgemäß entwickeln. Die namhaften Verbesserungen
an demselben vermag man gerade in der Bukowina nachzuweisen, wo heute ziemlich
allgemein ganz rationell errichtete, den besonderen Verhältnissen angepaßte Wohn- und
Wirthschaftsgebäude anzutreffen sind. Nicht am wenigsten trugen zur Hebung des land-
wirthschaftlicheu Bauwesens die Muster bei, welche die Regierungsorgane für die Eolo-
nisten errichteten oder welche letztere mitbrachten. Hier auch sieht man so recht deutlich,
welch überwiegenden Einslnß das Klima und die sonstigen localen Umstände anf die
Ausgestaltung eines Baues ausüben, während die Überlieferungen und Gewohnheiten des
Volksstammes in minder wesentlichen Baudetails zum Ausdrucke kommen. Allerdings
treten zwischen ruthenischeu, rumänischen und Huzulen-Bauernhäusern größere Unterschiede
auf, aber diese wurzeln, wie gesagt, nicht in den einzelnen Völkern als solchen, sondern sie
sind hauptsächlich nur den von ihnen besiedelten, verschiedenen Örtlichkeiten zuzu-
schreiben. In Gegenden, welche von mehreren Nationalitäten — die im Übrigen ihre
Sitten und Gewohnheiten größtentheils beibehalten haben — gleichzeitig bewohnt sind,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch