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Lattenwünden errichtet. Die Eindeckung der Dächer, früher aus Stroh, erfolgt nun fast
ausschließlich mit Schindeln. Straßenseitig besaß wenigstens das Wohngebäude einen
Giebel, der nun wohl überall einer Abwalmuug gewichen ist. Einen ziemlich beträchtlichen
Theil des Hofes nimmt die Düngerstätte, anschließend an die Schweinestallungen, ein.
Zwischen Straße und Wohnhaus oder Straße und Stall liegt meist ein Blumengärtchen,
sowie der Brunnen, aus welchem das Wasser mittelst Hackenstange, Welle und Rad oder
mit Hilfe eines langen Hebelbaumes emporgeschafft wird; vor dem Brunnen befindet
sich der Tränketrog. Jedes deutsche Bauernhaus besitzt, gleich dem magyarischen, einen
gemauerten, kreuzgewölbartig überdeckten Rauchfang; auf diesem ist zumeist die Jahreszahl
der Erbauung des Hauses, oder dessen Umbaues ersichtlich. Vor der straßenseitigen
Einplanknng neben dem Thore fehlt fast nie eine Sitzbank.
D a s Haus des magyarischen Ansiedlers in der Bukowina weist äußerlich keine
bedeutenden Unterschiede gegenüber dem deutschen Bauernhause auf. Charakteristisch an
demselben erscheinen neben dem bereits erwähnten Rauchfange die kleinen Kreuzchen,
welche jedes Firstende der Dächer sowie jedes Dachfensterchen zieren. In der Anlage des
Wohngebäudes, das gewöhnlich nur aus Vorhaus, zugleich Küche, einem geräumigen
Zimmer und einer auf der entgegengesetzten Seite des Vorhauses liegenden Stube besteht,
zeigt es als besondere Eigenthümlichkeit eine schmale gangartige Vorrathskammer,welche sich
gewissermaßen unter der Dachtraufe an der Nachbargrenze der ganzen Länge des Gebäudes
nach hinzieht, vom Vorhause aus zugänglich ist und gegen die Straße zu ein Fensterchen
besitzt. Der Stall liegt gewöhnlich in der rückwärts den Hof quer abschließenden Scheuer.
Bescheidener im Umfang und baulicher Ausstattung kann die Behausung des
Lippowaners, deren wir schließlich noch gedenken müssen, als ein Mittelglied zwischen
dem einheimischen und dem deutschen Bauernhause gelten. Mit Stroh oder Dranitzen
eingedeckt besteht dieselbe aus einer kleinen Stube, einem Vorhause mit weitem nach oben zu
sich verengendem, hölzernem Rauchfange, einer oder mehreren Vorrathskammern für Obst
und dergleichen, einem an das Haus sich anschließenden offenen Schöpsen und einem Stall.
In der Stube fallen das große mit zwei horizontalen und einem schrägen Querbalken
versehene und mit Metalleinlagen verzierte Kreuz, die zahlreichen russischen, triptychon-
ähnlich verschließbaren, in Metall gepreßten Heiligenbilder, die Leuchter und dergleichen
auf, welche Gegenstände mit Bändern und bunten Tücheln drapirt erscheinen. Den Stall
theilt das Pferd, welches der Lippowaner stets nach russischer Art anschirrt und zwischen
eine Gabeldeichsel in den Wagen spannt, mit einer Kuh oder ein Paar Schafen.
Der in unserer Zeit erleichterte und erhöhte Verkehr, die Fortschritte in der Land-
wirthschaft und Technik, wohl auch die in Kraft stehende Feuerlöschordnung, alles dies trägt
dazu bei, daß das Typische an den einzelnen Bauernhäusern überall langsam verschwindet.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch