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Die Musik.
Kirchenmusik.—In der heutigen Völkermusterkarte des schönen, grünen Buchenlandes
bilden die Rumänen und die Rnthenen den Urstock der Bewohner. Beide Völker bekennen
sich zur griechisch-orthodoxen Kirche, der die Instrumentalmusik fremd ist, während der
Gesang einen integrirenden Theil ihres Gottesdienstes bildet. So windet sich die kirchliche
Vocalmusik wie ein duftender Blumenkranz durch die orientalische Liturgie und alle gottes-
dienstlichen Handlungen und ist eine treue Begleiterin des griechisch-orientalischen Christen
von der Wiege bis zum Grabe. Der kirchliche Gesang ist hier dreifach: 1. der Einzelsang;
2. der uuisone Antiphonensang und 3. der harmonische, mehrstimmige Chorgesang.
Das Christenthum, welches jederzeit Wort und Ton zum Ausdruck seiner religiösen
Gefühle wählte, brachte zahllose poetische und musikalische Erzeugnisse hervor: Hymnen,
Lob- und Preisgesänge, Sonntags- und Festtagslieder, die sich trotz aller Vernichtungswuth
der römischen Imperatoren erhielten und ein unerschütterliches Bollwerk des Glaubens
bildeten. So häuften sich dnrch mehr als sieben Jahrhunderte in der morgenländischen
Kirche Texte und Sangweisen ins Unglaubliche. Johannes , Minister des Kalifen von
Damaskus, später Mönch im Kloster des heiligen Sawa (gestorben 776), brachte die Texte
und Melodien in ein geordnetes System, theilte das gesammte Material in acht Haupt-
sangordnungen und benannte sein Werk „Oktoichos". Für den kirchlichen Unisonosang
bildet der Oktoichos bis auf den heutigen Tag eine unwandelbare Norm. Nach welcher
Hauptmelodie, nach welchem cantus lirmus die Texte an Sonn- und Festtagen gesungen
werden, zeigt das „Tipikonbuch" au. Die Melodien fixirte er mittelst verschiedener
Stellung der Buchstaben des griechischen Alphabets, die er über den Text schrieb.
Gegen das Ende des XII. Jahrhunderts erfand der Domestikos Didaskalos, das ist
der Regenschori der kaiserlichen Sänger der Aja-Sophia zu Constautinopel, Johannes
Kukuzelos, später Mönch auf dem Athos, für den griechisch-kirchlichen Unisonogesaug eine
eigene Schnörkelnotenschrift, die griechischen Neumen, die bis zum heutigen Tage in
der Patriarchalkirche von Constantinopel, auch theilweise in den Kirchen Rumäniens im
Gebrauche steht, obgleich diese Notiruugsweise der Psaltikia zum Verfalle des griechischen
kirchlichen Einzelgesanges beitrug, weil sie selbst gebildeten Mnsikern durchaus unverständlich
ist. Die Gesanglehrer oder Protopsalten besitzen gegenwärtig fünf ganz besondere Arten
derartiger Noten griechischer Semiotik, welche nach Forkel 990 Zeichen erreichen. Dieses
unklare und verworrene, linienlose Notiruugssystem ist so schwer zu handhaben, daß die
Sangweise blos durch oftmaliges Vorsingen mechanisch dem Ohre eingeprägt wird, welche
mit der Zeit durch willkürliche Änderungen und Zugaben der Sänger viel von ihrer
alten ursprünglichen Melodik und Originalität verliert.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch