Seite - 364 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bukowina, Band 20
Bild der Seite - 364 -
Text der Seite - 364 -
364
Der Fürst der Moldau Alexander Lapusznean gründete (1558) nach dem
Vorbilde des Patriarchen von Constantinopel in seinem Lande Sängerschulen, in welchen
der kirchliche Unisonogesang nach griechischer und bulgaro-slavischer Melodie und Sprache
gelehrt wurde. Später übersetzte man die griechischen und slavischen Texte der Kirchen-
gesänge ins Rumänische und sang sie nach der griechischen Melodie.
Zur Zeit als die Bukowina an Österreich kam, erklang in allen Klöstern und
Pfarrkirchen, in welchen der Gottesdienst in rumänischer Sprache abgehalten wurde, der
kirchliche Unisonogesang nach der alten griechischen Melodie. Diese Psalmodirende näselnde
Singart erhielt sich bis heute. Viele dieser Melodien haben einen mächtigen, erhebenden
Charakter; der cantus üimus derselben stützt sich wohl auf einen bestimmten Grundton,
dnrchlänft aber gewöhnlich modulatorisch fremde Tongebiete nnd läßt sich in keine geregelte
Harmonie zwängen. Der sogenannte Json, die einzig zulässige harmonische Begleitung
dieser Melodien, besteht aus dem Grundtone und dessen Quinte, welche ununterbrochen
während des Gesanges, unbekümmert um die melodische Fortschreitung, mit sehr geringer
Abwechslung mitklingt. In Klöstern und Kirchen, in welchen der Gottesdienst in der kirchen-
slavischen Sprache abgehalten wurde, erklang zu jener Zeit der Gesang nach der altrussischen
und bulgarischen Melodie. Diesen, wie jenen kirchlichen Einzelsang lernten Weltpriester,
Mönche und Kirchensänger, theils nach Büchern mit den unverständlichen griechischen
Schnörkelzeichen, theils nach alten russischen Büchern mit Mensuralnoten oder durch mnemo-
technische Schulung. Dieser schwierigen Lehrmethode setzte der Erzbischof und Metropolit
der Bukowina Doetor Silvestru Morariu-Andrievici ein Ziel. Sein Sangbuch:
,I>sa1likia bisorieeascS/ wurde 1879 in moderner Notenschrift gedruckt und enthält die in
Tacte gebrachte, mit rumänischem Texte versehenen griechischen Melodien des Oktoichos und
andere kirchliche Gesänge. Die Eigenartigkeit dieser Melodien widerstrebt aber vielen
Gesetzen der heutigen Notation. Ähnliche Sammlungen kirchen-slavischer Gesänge existirten
bisher nicht, und war zu befürchten, daß mit dem Ableben der wenigen Kirchensänger
dieselben in Vergessenheit gerathen. Eine gedruckte Sammlung erschien 1897 von Eugen
Emauuel Worobkiewicz.
Erst um das Jahr 1840 kommen im hiesigen Seminarinm die Anfänge des kirchlichen
Chorgesanges bemerkbarer zum Vorschein. Ein eingewanderter Cantor Namens Patraszewski
unterwies den Seminarchor blos durch oftmaliges Vorsingen im sehr einfachen Choral-
gesange, da für Lehrer und Sänger die heutige Notenschrift unverständliche Zeichen
waren. Allein die Resultate dieses Unterrichtes entsprachen nicht den Erwartungen des
damaligen Bischofs Eugen Hakman und er berief Fachmusiker, wie Prohaska, Zwouiezyk,
König, Kouopassek, Pauer, denen die Hebung und Förderung des griechisch-orthodoxen
Kirchenchoralgesanges anvertraut wurde. Damit war ein bedeutender Schritt nach vorwärts
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch