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noch den letzten 50 Jahren. Zwar bestand schon zu Anfang dieses Jahrhnndertes in Czernowitz
eine Druckerei, und nicht unmöglich ist es, daß schon damals einheimische literarische
Produkte hier entstanden, aber Niemand hat sie beachtet und gesammelt. Erst durch die
Errichtung einer Landesbibliothek wurde auch für die heimatlichen schöngeistigen Erzeugnisse
ein Sammelpunkt geschaffen; denn trotz der behördlichen Verfügung, welche vor Errichtung
der Universität das Gymnasium in Czernowitz zur Einhebung von Pflichtexemplaren der
im Lande gedruckten Werke berechtigte, hat sich hier aus älterer Zeit nichts erhalten. Aber
der Verlust ist wenigstens der Zahl der Werke nach gewiß kein erheblicher gewesen.
Die ältesten, uns erreichbaren lyrischen Erzeugnisse gehören dem Jahre 1850 an;
es sind die „Hymnen" von Ludwig Adolf Staufe-Simigiuowicz, der auch in späteren
Jahren noch wiederholt mit Gedichten an die Öffentlichkeit trat, die ein leichtes, gefälliges
Formtalent bekunden, sowie mit Erzählungen, von denen viele ans dem Boden der Bukowina
sich bewegen. Aber sein Hauptverdienst liegt doch weniger in seinen eigenen poetischen
Schöpfungen, als in den Nachdichtungen, durch welche er dem Westen die Kenntniß
östlicher Dichtungen vermitteln half, in seinen „Rumänischen Poeten" (1865) und den
„Kleinrussischen Volksliedern" (1888). In gewisser Hinsicht berührt sich hier der Tiroler
I. G. Obrist mit ihm; seine „Georginen" (1870), die zum Theil während seines Auf-
enthaltes in der Bukowina entstanden sind, enthalten Übersetzungsproben ruthenischer Lyrik,
denen er im zweiten Bande des Jahrbuches „Buchenblätter" weitere und bessere folgen ließ.
Ganz aus Beziehungen zum Lande erwachsen sind die „Lieder aus der Bukowina" (1855) von
Ernst Rndols Neubauer, einem vielseitigen, aber zu rasch schaffenden Talente, zu dessen
Verdiensten es auch gehört, dem Lande die erste deutsche Zeitung geschenkt zu haben. Alle
die drei Genannten waren als Professoren an Gymnasien der Bukowina thätig, ihre Bildung
war eine westliche. Auch in der Art und Weise, wie sie für die Hebung der deutschen Literatur
in der Bukowina wirkten, haben sie viel Gemeinsames; nur eine kleine Zahl ihrer Schriften
erschien selbständig, das Meiste, was sie schufen, findet sich zerstreut in den Tagesblättern
jener Zeit, die sie zum Theil mitredigirten, oder in der literarischen Beilage des Bnkowiner
Hauskalenders, die sie ins Leben riefen. In dieser Weise suchten sie alle der heimischen
Literatur ein Organ zu schaffen, aber Alle sahen nach kurzen Jahren die Fruchtlosigkeit
ihres Bemühens ein; und so endeten auch alle späteren Versuche anderer, welche das gleiche
Streben beseelte, mit der Erkenntniß, daß der Boden der Bukowina wenig geeignet sei für
literarische Bestrebungen. Freilich läßt sich nicht leugnen, daß die Mittelmäßigkeit der Mehr-
zahl der gebotenen Beiträge an dem raschen Untergange solcher Zeitschriften ebenso große
Schuld trug, als die Teilnahmslosigkeit der Bevölkerung, für die sie geschaffen sein wollten.
Landheimische Dichter kamen erst zum Worte, als Wilhelm Eapil leri im Jahre
1864 seine „Buchenblätter", eine Sammlung von Dichtungen ansderBnkowina,herausgab.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch