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für Landescultur angekauft und als Zuchtstiere in denGemeiudeu aufgestellt wurden. Solcher
Znchtstierstationen gibt es jährlich durchschnittlich 80 bis 100. In dem freilich weitmaschigen
Netze dieser Stationen begann sich nach und nach eine gewisse Constanz in den Kreuzuugs-
producteu herauszubilden und mit Rücksicht auf dieselbe wurde in jüngster Zeit das Land
gelegentlich der im Jahre 1895 erfolgten Erlassung des Landesgesetzes zur Hebung der
Rinderzucht in der Bukowina in drei große Zuchtgebiete: das des Berner Viehes im Flach-
und Hügellande, des Pinzganer Rindes im Vorgebirge und des Grau- und Braunviehes
im Gebirge, das durch Ober-Jnnthaler Vieh eine Blutanffrischung und Veredlung erfährt,
eingetheilt.
Wie in allen Zweigen der Landwirthschaft muß auch bei der Viehzucht der Unterschied
zwischen den Zuchten der Großgrundbesitzer und der Kleinlandwirthe festgehalten werden.
Bei den Ersteren hat die Erkenntniß des Werthes vervollkommneter Viehzucht schon seit
geraumer Zeit Wurzel gefaßt, bei den Kleinwirthen hingegen, mit Ausnahme der deutschen
Ansiedler, beginnt diese Erkenntniß erst seit dem letzten Deceuninm Eingang zu finden.
Hiezu trägt einerseits die eigene Ersahrung des Kleinwirthes, daß der Feldbau allein bei
den heutigen Getreidepreisen absolut unrentabel ist, anderseits die auf die Hebung der
Rinderzucht gerichtete Gesetzgebung mit ihren Anordnungen über die Lieenzirung der
Stiere und deren Verwendung, über den Zwang zur Haltung der nöthigen Anzahl von
Stieren durch die Gemeinden, über die Errichtung von Stammherden-Zuchtanstalten und
Zuchtstationen, sowie Subveutioniruug derselben wesentlich bei.
Das hauptsächliche Interesse bei der Viehzucht des Kleinwirthes ist auf die Schnitt-
ochsen gerichtet, denn er zieht es in den meisten Fällen vor, männliche Kälber, die eine
gute Entwicklung zu Stieren versprechen, zu verschneiden, anstatt sie aufzuziehen. Die
Stallungen, die Wartung, Pflege und Fütterung des Rindes lassen bei der Mehrzahl
der Kleinwirthe noch sehr viel zu -wünschen übrig. Der Bauer im Gebirge hält sein Vieh
auch den Winter über im Freien: die Haltung und Fütterung im Stalle während des
Sommers ist im Lande bei den Kleinwirthen gar nicht üblich, und ein beträchtlicher
Theil des Viehstandes wird im Sommer aus dem Flachlande auf die Gebirgsalpen
getrieben; zumeist befindet sich das Vieh vom Frühjahr bis zum Spätherbste tagsüber
auf den Gemeindehutweiden, wo es seine kärgliche Nahrung sucht. Dieser trotz aller
gesetzlichen Verbote noch immer bestehende freie Weidegang, wobei Viehstücke aller Art,
beiderlei Geschlechtes und verschiedenen Alters, Kühe, Kalbinnen, Stierkälber sich nnter der
unzulänglichen Beaufsichtigung von Kindern herumtummeln, ist somit eines der Hindernisse
einer rascheren Entwicklung der Viehzucht. Auch legt der Bauer eiueu verhältnißmäßig
geringen Werth auf gute Mutterthiere, denen er nicht jene Aufmerksamkeit zuwendet, die
sie verdienen, und wenn schon auf etwas geachtet wird, so ist es der Stier.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch