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Neusohl stand nicht nur politisch, sondern auch an Bildung und Wohlstand iiiimer
in der Reihe der ersten Städte Ungarns. Schon, im XIII. Jahrhundert hatte es ein Spital
mit Kapelle, das hente durch eine Stiftung der Bischöfe Moyses und Jpolyi ein Kloster
der Barmherzigen Schwestern ist. Eine Tafel an der Mauer des Klosters erwähnt, daß
darin einst der berühmte Geschichtsschreiber Matthias Bel gewohnt hat. Die Goldschmiede
von Neusohl waren schon im XV. Jahrhundert berühmt, desgleichen die Kanonen- und
Glockengießer, sowie die Waffenschmiede. Der Hauptplatz heißt nach dem Verleiher des
ersten Privilegiums der Stadt Platz König Belas IV. (vormals „Ring"), er hat mit der
Zeit große Veränderungen erlitten, und nicht minder die gothische Kirche, die auf einem
festungartig ummanerten Hügel neben dem König Matthiasplatz erbaut ist. Merkwürdig
sind in dieser Kirche die alten Wandmalereien, die kirchlichen Kunstschätze, besonders die
Barbara-Kapelle, welche Bischof Jpolyi durch Franz Storno sen. stilgemäß erneuern
ließ, ferner an der Südseite der Kirche ein Bildhauerwerk des XV. Jahrhunderts, ein
aus Sandstein gehauener „Ölberg", dem ein hervorragender Kunstwerth zugeschrieben
wird. Nahebei steht die kleine St. Stephanskirche. Im Jahre 1636 wurde in der Stadt
ein Jesuitenkloster errichtet; nach der Aufhebung dieses Ordens stiftete Maria Theresia
1776 das noch jetzt bestehende Bisthnm. Das Domcapitel mit sechs Mitgliedern wurde
durch die Gesetzgebung 1802 znm beglaubigten Ort erhoben. Die schönen Thore von
Neusohl sind abgetragen, von den Stadtmauern ist kaum ein Rest vorhanden; von
der Burg steht noch das thurmbewehrte Thor und eine Seitenwand neben der Kirche.
Häuser aus dem XVI. Jahrhundert sind aber noch zahlreich vorhanden und das jetzige
Turcsanyi'fche Haus ist ein interessantes Denkmal der Renaissance-Baukunst in Ungarn.
Im Wartthurm dcr Stadt befindet sich jetzt ein Museum mit vielen interessanten Alter-
thümern: Waffen, Zunftladen, Zinnkannen, Fahnen, deren eine die Jahreszahl 1609
trägt, mit einer Mineraliensammlung und urzeitlichen Knochen aus der Höhle von Tnfna.
Auch das Rathhaus selbst ist eine Antiquität; der Rathssaal hat eine prachtvolle Decke;
die Thüre in Holzmosaik vom Jahre 1698 und ihr Schloß vom Jahre 1695 fiud
gleichfalls beachtenswerth. Das Archiv enthält viele werthvolle Urkunden, ein „kerbarium
bvkemieum" aus dem XV. und Zunftregeln aus dem XVI. Jahrhundert. In Neusohl
befinden sich eine Finanzprocnratnr, ein königlicher Gerichtshof in schönem Neubau, eine
Schuldistricts-Oberdireetion, eine Advocaten- und Handelskammer, ein königliches Forst-
inspectorat, eine ärarische Forstdirection, eine Finanzdirection, ein königliches Ober-
gymnasium, ein evangelisches Gymnasium, ein römisch-katholisches Seminar, eine
Bürgerschule, eine höhere staatliche Töchterschule, deren schönes, neues Gebäude eiu
ganzer Palast ist. Auch die Kasernen für die hier stationirten Truppen der Landwehr
nnd gemeinsamen Armeen sind hervorragende Gebäude. Außerdem gibt es eine Tuchfabrik,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (6), Band 21
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (6)
- Band
- 21
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1900
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.25 x 21.79 cm
- Seiten
- 500
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch