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bewohnbar und die großen Säle dienen als Tnrnloeale. Im südlichen Theile der
Stadt erhebt sich auf dein Gipfel eines isolirten Berges das Neue Schloß (Uj-vär)
oder Jungfernschlößchen (Leäuyvär), das jetzt von der Feuerwehr benützt wird.
Dieses basteiartige, von einem Holzthurm überragte Gebäude wurde nach einer bekannten
Überlieferung, die sich mit der „Hexe vom Jungfernschlößchen" beschäftigt, zu Beginn des
XVI. Jahrhunderts durch eine gewisse Barbara Roesel erbaut, die mit dem Teufel
Gemeinschaft hatte. Über diese Frau sind im Volke mehrere Sagen im Umlauf, und ihre
Geschichte ist auch dichterisch verwerthet worden in der poetischen Erzählung: leün^vüri
bosxoi-kün?" (Die Hexe vom Jungfernschlößchen) des Grafen Geza Zichy. Am süd-
westlichen Rande der Stadt befindet sich eine katholische Kirche, die durch König Matthias
erbaut sein soll. Zwei Specialitäten von Schemnitz sind die Klopaeska und der
Calvarienberg.
Die Klopaeska (ungarisch: Katakolö) ist ein schmales, viereckiges, mit hölzernem
Thurm versehenes Gebäude im westlichen Theile der Stadt. In diesem Thnrme hängt
ein Brett — die Glocke der Bergleute, — auf das mit weithin hörbarem Schall getrommelt
wird, um den Bergleuten die Schichtzeit anzuzeigen. Um zwei Uhr nach Mitternacht
tauchen auf den gefchlängelten Pfaden die Grubenlichter auf, und das „Glückauf!" der
Bergleute erschallt am Vereinigungsplatze. Der Bergmann ist sehr religiös und erst nach
andächtigem Gebet fährt er in die Grube ein, zu achtstündiger mühsamer Arbeit. Nach acht
Stunden erschallt wieder das Getrommel der Klopaeska, des Katakolö.
Der Calvarienberg befindet sich auf einer Kuppe östlich der Stadt und ist einer der
schönsten im Lande. Seine jetzige Gestalt ist vom Jahre 1744, der Grundstein aber wurde
schon 1571 gelegt. Es gehören dazu drei Kapellen: die untere, die mittlere nnd die auf
dem Gipfel. Zur mittleren führt die sogenannte „heilige Treppe" hinaus, welche die
Gläubigen kniend hinanrutschen. Rings nm die drei Kapellen ziehen sich, den Abhang
hinan, in schöner Ordnung 24 Stationen, zum Theil mit geschnitzten Darstellungen. Bei
Wallfahrten wimmelt die Stadt von vielen Tausend Gläubigen, die von fernher kommen
und den Calvarienberg ersteigen. Dann wird in der unteren Kapelle flovakisch, in der
mittleren ungarisch, in der oberen deutsch gepredigt.
Schemnitz ist die älteste Bergstadt in Ungarn. Seine Urbewohner waren Slaven;
Spuren ihrer auf dem Berggipfel erbauten Stadt sind noch jetzt zu sehen (Altberg, Alte
Burg). Später wurden für den Betrieb der Bergwerke Sachsen angesiedelt. Das Rechts-
buch der Stadt, dessen Inhalt bis in das XIII. Jahrhundert zurückgeht, ist das älteste im
Lande. Die Hussitenzeit setzte der Stadt arg zu, desgleichen die späteren kriegerischen
Jahre. 1442 litt sie durch ein Erdbeben. Erst unter Ludwig II. nahm der dnrch all die
Plackereien heruntergekommene Bergbau wieder zu. Nach dem Mohäcser Unglück kamen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (6), Band 21
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (6)
- Band
- 21
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1900
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.25 x 21.79 cm
- Seiten
- 500
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch