Seite - 156 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (6), Band 21
Bild der Seite - 156 -
Text der Seite - 156 -
154
Bei dem alten, unter dem Poronyatetö befindlichen Eingange führen Stufen in die
„Vorhalle" hinab. Sie ist eine ziemlich geräumige Höhlung und zeigt an Wänden und
Wölbung schon Tropfstein. Von hier gelangt man rechts durch den „Begräbnisgang" in
das „Beinhaus", wo Baron Eugen Nyäry urzeitliche Funde und Gerippe fand. Hier
entspringt der Bach „Acheron", der mit dem „Styx" vereinigt die ganze Höhle durchfließt.
Links der Vorhalle kommt man zur „Reichstafel", deren eingegrabene Namen jedoch der
FackelrauchschonbiszurUuleferlichkeit geschwärzt hat. Gegenüber, am linkenUfer des Baches,
sieht man den „Mosesaltar", der ein Tropfsteinbecken mit reinem Trinkwasser enthält.
Am „Fuchsloch" vorbei, das rechts liegen bleibt, gelangt man in die 27 Meter breite
„große Kirche"; ihre Wände und Tropfsteine sind vom Fackeldunst rußig, ihre Höhe ist so
groß, daß Fackeln nicht genügen, die Decke erkennen zu lassen. Hier steht der „große
Altar", ein sehr dicker, aufrechter Kalkstein, hinter welchem zwei spitzbogige Pforten zur
„Kanzel" führen. Von der großen Kirche links öffnet sich die „Fledermaushöhle", deren
einst zahllose Fledermäuse aber jetzt verschwunden sind; sie scheint einmal eine besondere
Höhle mit eigenem Eingange gewesen zu sein. Hier sieht man zwei parallele, 95 Centimeter
von einander entfernte Radfurchen; sie sollen von den Karren herrühren, welche die einst
hier hausenden Menschen benützt haben. Vom großen Altar führt ein schmaler Pfad nach
der 28—30 Meter hohen und ebenso breiten „kleinen Kirche". Das Aufflammen der
Kerzen treibt mit den seltsamen Formen ein spukhaftes Spiel. Dies ist ein Tempel, den
sich die Natur selbst erbaut hat und wo der Gesang den Hörer mit besonders feierlichem
Klang berührt.
Aus der „Büdöstöer Gallerie" kommt das Wasser des „Styx" in die Haupt-
grotte geströmt. Links von „Büdöstö" (Stinksee) erstreckt sich eine große Seitengallerie,
die bei den Führern „Paradies" heißt. Sie ist die interessanteste Seitengallerie der
Baradla. Das Gewölbe der Halle ruht auf gelben Tropfsteinsäulen, die mit verschiedenen
pflanzenähnlichen Bildungen verziert sind.
In die „kleine Kirche" zurückgekehrt, gelangt man über den „Styx" in den „kleinen
Saal", der ein so starkes Echo hat, daß ein einzelnes Instrument ein ganzes Concert
vortäuscht. Auf glitschig feuchtem Wege schreitet man weiter zu den schönen Tropfstein-
blumen des „Blumengartens", wo ein Pistolenschuß des Führers nach geraumer Weile
ein langes donnerndes Echo weckt. Die „Palatinssäule" verewigt den Besuch des Palatins
Josef im Jahre 1806. Aus dem 38 Meter langen „großen Saal" klettert man eine
lange Stufenflucht hinan auf den Berg „Moria", der von oben beleuchtet ein packendes
Schauspiel bietet. Rechts von ihm ragt der „Parnaß", links ist der „Judentempel". Vom
Parnaß führt ein schmaler, schlüpfriger Pfad zum „Taubenschlag" und weiter zum
„Wasserstrudel", wo der Bach in eine tiefe Schlucht hinabstürzt.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (6), Band 21
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (6)
- Band
- 21
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1900
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.25 x 21.79 cm
- Seiten
- 500
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch