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Viergespann, dann folgen die übrigen unter Musik, lustigen Liedern und Jauchzern. So
wird das Haus des Bräutigams erreicht, wo nun die eigentliche Hochzeit beginnt. Die
Hochzeitsleute beider Familien setzen sich zu Tische und müssen sich dnrch eine lange Reihe
von Speisen hindurchessen, denn bei einer Palöezenhochzeit ist schon „das Suppige
siebenfach". Die Speisen werden von den Beiständen anfgetragen, die dazu gereimte
Grüße hersagen. Nach dem Abendessen wird der „Brauttanz" getanzt, und darauf folgt
die Vertheilung der Brautgeschenke, an manchen Orten auch das „Brautlegen". Die
Hochzeitsgesellschaft belustigt sich die ganze Nacht durch. Den andern Morgen wird die
Braut mit neuer „Haartour" zur „Einweihung" nach der Kirche geführt, und nun erst
folgt der beste Theil der Hochzeitsfeier, die „große Nachhochzeit". Jede Frau bringt der
Braut reichlich Kuchen und Braten ins Haus, ganze gehäufte Körbe. Mittags setzt man
sich wieder zu Tische und unterhält sich bis zum späten Abend. Früher dauerte eine
Palöezenhochzeit oft eine ganze Woche. Jetzt sind die Verhältnisse knapper und der Wein
theurer, man macht also die Sache kürzer ab.
Die Ankunft ihres Kindes pflegt die junge Palöczin unter frommen Vorbereitungen
zu erwarten. Sie beichtet, commnnieirt, umhegt ihr Bett, das „mit den Knöpfen", mit
dem „Zelttuch" und bindet in einen Zipfel desselben eine Zehe Knoblauch, ein Stückchen
Brotrinde und ein Prischen Salz, damit das böse Auge des „Zauberers" ihrem Kinde
nicht schadet, oder die „Bösen" es ihr Nachts nicht austauschen. Aus demselben Grunde
wird das Neugeborene zum ersten Mal im Wasser von Roßpelei (Gliedkraut, Stachys)
gebadet und bis zur Taufe ein Rosenkranz in das Bindband der „Faschen" gesteckt. Die
Taufe findet Vormittags statt, und zwar nur in Gegenwart von Frauen, die zu Ehren
des Neugeborenen ein Stückchen Mehlspeise, Kuchen und Branntwein verzehren.
Die Kindbetterin wird zwei Wochen lang von ihrer Gevatterin mit Speise und
Trank versorgt. Ihre Verwandten und Bekannten besuchen sie der Reihe nach und treten
mit dem Gruße ein: „Gebe Gott Kraft und Gesundheit, aus dem Bett unserer lieben
Frau glücklichen Ausgang!" Die Zeit des „Zeltliegens" dauert gewöhnlich drei Wochen.
Während dieser Zeit verläßt die Palöczin, selbst wenn sie es kann, ihr Haus nicht; dann
führt ihr erster Weg nach der Kirche, um Gott ihren Dank abzustatten.
Die Bestattung der Todten ist mit vielen überlieferten Gebräuchen verbunden. Die
Palöczen glauben, daß der Tod jedes Menschen am Himmel durch einen fallenden Stern
angekündigt wird. Damit sich die Seele des Sterbenden leichter „befreie", wird ihr ein
Fenster geöffnet. Der Todte wird gewaschen und in ein Feierkleid gekleidet, der Mann in
sein „Hochzeitshemd", die Frau in ihr weißes Brautkleid, die Füße werden in Csizmen
gesteckt, von deren Absätzen jedoch die gebräuchlichen Hufeisen vorher abgenommen sind,
damit sein Tritt nicht trapple, wenn er in der Nacht nach seinem Begräbniß nach Hause
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (6), Band 21
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (6)
- Band
- 21
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1900
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.25 x 21.79 cm
- Seiten
- 500
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch