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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (6), Band 21
Seite - 194 -
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192 geht, „sich für die Unterkunft zu bedanken". Ja selbst das Blechlein im Haarwulst der Frauen wird durch ein Stückchen Holz oder einen Gänsekiel ersetzt, weil es dem Todten schwer fällt, Eisen zu tragen. Das Schaubett wird zwischen den beiden Gassenfenstern des „Hauses" (Wohnzimmers) aufgestellt, damit der Todte unter dem Hauptbalken der Decke, längs desselben gelagert sei. Um den Katafalk versammeln sich Abends Wachfrauen, die fast die ganze Nacht beten und singen. Der Sarg besteht gewöhnlich aus uubemalteu Brettern. Die jungen Todten werden mit einem buntgeblümten Tuche, die alten mit einer schwarzen Decke bedeckt, das Begräbniß ist prunkvoll. Der Cantor singt und sagt in langer Reimrede den Abschiedsgruß, und fast die ganze Dorfbevölkerung geleitet den Verstor- benen mit Kirchenfahnen nnd Laternen. Dann folgt das Todtenmahl, wobei auch für den Verstorbenen gedeckt wird, indem man Messer, Gabel und Löffel kreuzweise legt, seinen Teller verdeckt und seinen Stnhl bei Tische frei läßt, in dem festen Glauben, daß seine Seele sich unter ihnen befindet. Die Palöczen sind im Allgemeinen abergläubisch und zum Mysticismus geneigt, jedoch nicht in höherem Maße als andere Gebirgsvölker. Sie sind meist Katholiken, und ihr Aberglaube wird bloß durch ihre Religiosität übertroffen. Sie halten die Fasten und feiern die Feste. Schon der Nachmittag vor den Festen gilt als halber Feiertag. Da wird nicht gesponnen und gewebt, auch die schwerere Feldarbeit ruht. Zur Kirche, zur Wallfahrt pilgert der Palöeze zu Fuße bis in die siebente Gemarkung. Seinen Rosenkranz hat er stets bei sich. Seine Kinder erzieht er religiös und gibt ihnen darin ein gutes Beispiel. Er macht ein Kreuz über das Brot, ehe er es anschneidet; er zieht auch eines in den Staub des Weges, ehe er den Wagen für eine längere Reise besteigt; nnd er bekreuzt sich und sein Kopfkissen und die vier Ecken der Stube, ehe er sich schlafen legt. Sein gläubiges Vertrauen aus Gott drückt sich in folgendem Sprichworte bezeichnend aus: Wen der liebe Gott will segnen, Braucht keinem gefundenen Geld zu begegnen. Wen der liebe Gott will schlagen, Dem braucht man nicht „guten Morgen" zu sagen. Übrigens haben die Palöczen einen verzwickten Gedankengang. In vieler Hinsicht ähneln sie den Szeklern. Wie über diese, sind auch über sie viele Anekdoten im Schwange, in denen meist unter dem Scheine der Einfalt gesunder Menschenverstand und praktisches Denken zu Tage tritt. Und jede Empfindung wird bei ihnen zum Lied. Freud und Leid, Glück und Mißgeschick singen sie sich vom Herzen. Oft wird auch ein besonderer Vorfall im Dorfe Gegenstand eines Liedes. Diese Gesänge sind zart und duftig, dabei einfach und ungesucht; in so manchem findet das Gefühl wirklich einen Ausdruck von überraschender Aufrichtigkeit. Wir geben hier zwei Pröbchen dieser Palöczenpoesie, wobei aber leider die sympathische Naivetät der Mundart verloren gehen muß.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Ungarn (6), Band 21
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Ungarn (6)
Band
21
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1900
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.25 x 21.79 cm
Seiten
500
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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