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steckt hinter dem Spiegel. Ihre starre praktische Richtung hängt mit der Kargheit ihres
Bodens zusammen, ihr argwöhnisches, eifersüchtiges Wesen mit den Unbilden ihrer
Vergangenheit. Die Liebe zur Geselligkeit wurde einst auch durch die Zünfte gefördert und
hat sich in der Bildung von Nachbarschaften und Bruderschaften von ähnlicher
Organisation, wie bei den Siebenbürger Sachsen, geäußert. David Fröhlich, der treffliche
Mathematiker und Herausgeber des berühmten Leutschauer Kalenders, erwähnt schon zu
seiner Zeit (1644) einen in Jglo bestandenen Musikverein. Dazu kamen später verschiedene
bürgerliche Clubs, die jetzt zahlreichen Gesangs- und Musikvereine, Lesezirkel, Schützen-,
Jagd- und sonstigen Vereine.
Die oft kostbare und von Geschlecht zu Geschlecht ererbte altsächsische Tracht der
früheren Sachsen hat sich mit dem Niedergang des Wohlstands vereinfacht, ist sogar jetzt
schon großentheils geschwunden. Die Tracht der Männer bestand zunächst aus einem
dreieckigen Filzhut und einem kurzen, weißen oder grauen Tuchrock von selbst producirter
Wolle, der an Feiertagen durch den blauen, bis zur Wade reichenden „Gehrock" ersetzt
wurde. Zu dem Festtagsgewand gehörte bei Männern und Frauen ein aus Sammt oder
Seidenstoff, mitunter selbst aus Gold oder Silbergewebe verfertigter Gürtel mit prächtiger
Schnalle. Die Weste des Mannes war oft mit silbernen Knöpfen benäht und mit
Passementerie gesäumt. Statt der Kniehosen, Strümpfe und Schnallenschuhe kamen später
die ungarischen Hosen und Stiefel auf. Beliebt waren ferner der weite „Keppenik"
(sächsische Mantel) und das mit Marder oder Fuchs verbrämte Wamms. Diesen „Pelz"
trugen auch die Frauen. Allgemein war die Vorliebe für lebhafte Farben, selbst in der
Trauer. Die Frauen trugen Hauben aus Seide und Silber- oder Goldspitzen, die zum
Familienschatz gehörten, die Mädchen eine bebänderte „Parta" (Jungfernkranz) aus
Blumen und Perlen. Ihr Alltagskleid war von selbstgefertigter blauer Leinwand. Für
das Festkleid nahm man theure Stoffe, und die Reicheren sparten nicht mit Schmuck.
Man trug aus kostbaren Stoffen gefertigte Jacken (Wist), Gürtel, an den Säumen
verschnürte Sammt- oder Seidenröcke, dazu Schnallenschuhe, Schürze und Umschlagtuch.
Den kleinen Kindern gab man eine „Schaube", auch „Kotsch" genannt, um. Die Rechts-
verfügungen der Sachsen, die sich auf Alles erstreckten, bestimmten übrigens auch die
Tracht der Bürger und städtischen Beamten (Mantel von deutschem Schnitt, Ärmelrock und
Schuhe), während die vornehmen Bürger unter dem Einflüsse der nationalen Bewegung
im XVII. Jahrhundert gerne ungarische Tracht anlegten, die dann 1848 und 1861 wieder
allgemeine Mode wurde.
Die Häuser der reichen Leutschauer Bürger waren oft stilgerecht und mit aller
Bequemlichkeit eingerichtet; daneben gab es aber einfache Häuser, anfangs sogar nnr
hölzerne, später steinerne, von denen in entlegenen Ortschaften noch bis vor Kurzem Neste
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (6), Band 21
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (6)
- Band
- 21
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1900
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.25 x 21.79 cm
- Seiten
- 500
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch