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magyarischen, wozu jedenfalls die Schulen und der „Szöchenyi-Clnb" zu Eperjes am
meisten beigetragen haben.
Außer den höheren Schulen in den Städten hat das Säroser Comitat 257 Elementar-
Volksschulen, darunter nur 14 staatliche, aber 239 konfessionelle. Von den Schulpflichtigen
besuchen über 76 Procent thatsächlich die Schule.
Das Magyareuthum findet sich ausschließlich in den Städten und nnter den
dörflichen Honoratioren; in Eperjes kann bereits ungefähr die Hälfte der Bevölkerung
ungarisch. Das gemeine Volk der Dörfer ist, mit Ausnahme von Nemet-Sövar, slovakisch
und ruthenisch. Die Rnthenen bewohnen die nördlichen Theile des Comitats und bilden
gegen Galizien hin einen 2—3 Meilen breiten Grenzstreifen. Von den Slovaken unter-
scheiden sie sich in Sprache, Religion und einigermaßen auch in der Tracht; ihre Religion
ist die griechisch-katholische, ihre Sprache bildet einen Übergang vom Slovakischen zur
kleinrussischen oder ruthenischen Sprache Galiziens, während das Säroser Slovakisch,
gleich dem des Zipser und Zempliner Comitats, seinen Ursprung in einem Gemisch von
Czechisch und Polnisch zu haben scheint.
Die Volkstracht ist in Säros noch festgewurzelt und stellenweise sogar sehr hübsch;
der größte Theil der Bauerntracht wird hausgewerblich hergestellt.
Das slovakische Volk ist meist hoch und stramm gewachsen; die Rnthenen sind etwas
kleiner; die Männer sind mit sehr geringen Ausnahmen rasirt, die Ruthenen und die ihnen
benachbarten Slovaken tragen in den späteren Lebensjahren langes Lockenhaar. Die
Kinder sind fast ohne Ausnahme hellblond, allein das viele Schmieren mit Fett macht die
Haare der Erwachsenen braun. Die Slovaken sind knochig, hager, zäh und arbeitskräftig;
desgleichen die Ruthenen, nnter denen Beleibtheit nie vorkommt. Schwere Arbeit und strenge
Lebensweise Härten Männer und Frauen gleichmäßig ab, die Frauen bleiben auch, obgleich
die geringe Schonung während der Mutterschaft sie früh altern macht, selbst im Alter noch
lange Zeit arbeitsfähig.
Die Lebensweise des Volkes ist einfach, was man schon seinen Behausungen ansieht.
Das Haus ist in der Regel hölzern und mit Stroh gedeckt, es enthält Stube, Flur und
Kammer, zuweilen auch noch den Stall; nur in den wohlhabenden Gegenden sieht man
geräumigere, behaglichere und gesündere Wohnungen.
Obgleich das Volk ein beschwerliches Dasein führt und seine Bildung gering ist,
fehlt es ihm doch nicht an Phantasie und einigem poetischen Sinn. Es hat auch Original-
lieder, deren Rhythmus mitunter dem der ungarischen sehr ähnlich ist, und in denen meist,
selbst wenn sie übermüthig beginnen, die leidenschaftslose, entsagende, in sich versunkene
Liebesklage den Ton angibt; indeß finden sie auch für die glückliche, ja sich überhebende
Liebe den Ausdruck.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (6), Band 21
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (6)
- Band
- 21
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1900
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.25 x 21.79 cm
- Seiten
- 500
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch