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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
Seite - 68 -
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68 aus gestattete Karawanserei, an welcher das rechtsufrige Brückenfeld fast unmittelbar endete, und die gegenwärtig fast ganz vom Boden verschwunden ist. Die schön geformten Kuppen und Hänge, welche die Gebirgsstöcke unterhalb Vise- grad an die Drina entsenden, werden flußabwärts bald zu phantastisch zerklüfteten Wänden, und der zwischen Wiesen und Gehöften dahingleitende grüne Fluß abermals zu einem bösen Wildwasser, das springend und brausend die schwarzen Schatten der Tiefe sucht. In Felsentreppen führt der Pfad bald hinab zu der kühlen Flut, bald, ein Gehänge um- gehend, hinauf auf den schmalen Rand der thurmhohen Felsfaxaden, über denen der Klageton des Geiers laut wird. Bei Staribrod, einer uralten Überfuhrsstelle, steigt rechts ein Felsrundthurm auf, auf dem die Ruine Hrtare liegt. Die Mär von der „Prokleta Jerina" (der „verfluchten Helena") schwebt den Schiffern hier ständig auf den Lippen. Warum „proklet" (verflucht)? Weil sie immer alle so nannten. Sie mochte mit ihrem Mann nicht leben, zog umher und baute Burgen. Jammer für den Bauer! Maucher Vater wurde so lange bei der Robott behalten, daß er seinen Sohn, den er in der Wiege zurück- gelassen, und der nun erwachsen auch zur Robott gezwungen wurde, nicht zu erkennen vermochte. Seht ihr die Felswand von Hrtare, wohl an dreihundert Ellen hoch und vierhundert breit?! Block auf Block mußte da hinauf. Ochsen konnten dazu nicht dienen, und so wurden die Steine auf Ziegen gebunden, oder die Menschen bildeten eine Kette. Und der Mörtel wurde mit Eiweiß angerührt, sonst wäre er nicht so hart. So geschah es hier, in Dobnnj, in Praca und Klotjevac, in Zvornik und überall an all den hundert Orten, wo diese „Griechin" baute Und wozu sind diese Burgen?! Wozu mögen sie bestehen?! Jerinas Anstrengungen waren srnchtlos, und deßhalb trifft sie der Fluch des Volkes, und in der durch kindisches Beiwerk entstellten Überlieferung wird sie immer mehr zum Scheusal. In Wirklichkeit aber war die aus der Familie der Cautacuzeue stammende serbische Despotin Jerina (in Kirchenschriften auch „Jeleua" genannt) die Frau des Despoten Gjnragj Brankovit-Smederevac, eine sehr kluge und energische Fürstin, die in Vertretung ihres Gatten oft die Staatsgeschäfte leitete. Das serbische Reich, zu dem damals auch Ostbosnien mit Zvornik, Vlasenica, Srebrenica, Visegrad, Rogatica und Cajnica gehörte, war von zwei Seiten schwer bedroht, und so mußte die ganze Volkskraft in Anspruch genommen werden, um das Land durch starke Befestigungen zu schützen. Dessen erinnert sich das Volk und weist nun alle Burgen Ostbosniens Jerina zu, obgleich nicht alle von ihr stammen. Dieselbe Jerina wurde 1456 von ihrem eigenen Sohne Lazar bei dessen Regierungsantritt vergiftet, und das Epitheton „proklet" wurde ihr damals gewiß in dem Sinne einer „von Gott verlassenen" und „unglücklichen" Frau beigelegt. Das Volk aber gedenkt nur fluchend der geforderten Opfer.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Bosnien und Herzegowina, Band 22
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Bosnien und Herzegowina
Band
22
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1901
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.34 x 22.94 cm
Seiten
536
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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