Seite - 74 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
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nun auch Srebrenica selbst, die „Silberstadt". Sie sieht aber nicht darnach aus. Wie
zerwühlt und durcheinandergeworfen kauert sie am Grund eines tiefen Einschnittes, die
ein isolirter Schloßberg vollends verengt. Von den Lehnen reißen Sturzbäche die Häuser
fort, von den Flußrändern nimmt sie das Hochwasser mit — nirgends haben sie recht
Platz. Zwei alte steinerne Bogenbrücken überspannen die Krizevica. An die im Mittelalter
so bedeutende Handels- und Bergwerksstadt erinnern nur zahllose alte Schlackenhalden.
Gegenwärtig gelangt in der Stadt selbst kein Erz zur Verhüttung. In den ärmlich
aussehenden Häusern wird hauptsächlich von den Frauen eine haltbare Teppichsorte,
Leinen, schwarzes Filztuch und noch vieles andere erzeugt, was in den Kleinhandel
kommt. Das große Tabakeinlösamt belehrt uns, daß der Bezirk Srebrenica der größte
der tabakbauenden Bezirke Bosniens ist, und in dem neuen Spitale erfährt man, daß
die überaus gutmüthigen, genügsamen Drina-Anwohner, über die sich vornehmlich die
lebhaften, schlagfertigen Hercegovcen gerne lustig machen, besonders in der Gegend von
Srebrenica ein schwächliches, degenerirtes und mit Kropf behaftetes Volk sind.
Wo das Waldesrauschen erstirbt und zum letzteu Male Uferschroffen grau und tief
in die Driua tauchen, da macht diese um einen vorfallenden Block einen Bogen in das
serbische Land hinein. „Divi?" heißt der Ort, wohl von „Divuo", wundervoll. Und gleich
darauf klettern Thürme, Mauerwerke und zerbröckeltes Gebäu in wirrem Durcheinander
aus dem Wasserspiegel die hohen, verwitterten Felswände hinan, und gleichsam aus dem
nördlichen Ufer-Burgthore ins Freie eilend, legt sich ein altes Städtchen mit rebenum-
sponnenen Häuschen lang und schmal längs des Flusses hin. Auch drüben ragen aus dem
üppigen Grün der serbischen Ufergelände Mauerreste auf. Dieses ist „Klein-Zvornik",
das noch vor zwei Decennieu zu Bosnien gehörte, die stolze Burg aber ist das einst von
den Kaiserlichen oft umstrittene alte Zvornik selbst. Ein märchenhaftes Landschaftsbild,
das die Sänger des Rheins zu begeistern vermöchte. — Die griechische Jerina hat nur
die dunkle untere Festung, durch die jetzt, wie immer, die Straße läuft, gebaut. Nach der
alten Kirche, deren Grundmauern man noch jetzt in der Stadt antrifft, hieß die Beste
„Zvonik", Glockenthurm. Ein türkischer Heerführer wollte sich nun dieses Schlüssels zum
mittleren Drinathale bemächtigen und erklomm mit seinen Mannen die Höhe, auf der die
obere Burg thront, um hinab in die Beste zu spähen. Da es Winter war und er auszugleiten
fürchtete, breitete er seinen Mantel am Rande des Abgrundes aus und beugte sich vorsichtig
hinunter. Trotzdem glitt er aus und sauste über Schnee und Eis in die Tiefe. Sein Gefolge
sah darin ein Signal zum Sturm und folgte auf demselben Wege. So wurde die bis dahin
unbezwingbare Beste eingenommen. Um einen Handstreich ähnlicher Art unmöglich zu
machen, baute später einer der Begs Vidaic, die durch lange Zeiten Zvornik als Kapetans
beherrschten, die obere Festung, von der aus jetzt k. und k. Artillerie Auslug hält.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch