Seite - 80 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
Bild der Seite - 80 -
Text der Seite - 80 -
80
des Gromzel gelangen, ans dem sich die schönste Au der Posavina erhebt, deren Vegetations-
iippigkeit im ganzen Lande unerreicht ist. Dichtes Unterholz deckt den Sumpfboden, und
Schlinggewächse ranken sich an den herrlichsten Rieseneichen, Pappeln, Rüsten und Aspen
hinauf. Eine wahre Landplage sind hier die Mückenschwärme, sowie die Ameisen, von
denen die Stämme bis hinauf zu der Krone oft ganz roth überzogen sind. Die der ganzen
Saveniedernng von Gradiska abwärts eigenthümlichen Seeadler, Fischadler und der
schwarze Milan horsten mit besonderer Vorliebe in dieser Au, die überdies die Brutstätte
von weit über hundert Reiherpaaren ist, denen die Frösche und Fischbrut der Sümpfe
reichliche Nahrung bieten. Eine Reiheransiedlung vermag die Monotonie einer flachen
Landschaft ungemein zn beleben, und man sieht ihre weißen Körper oft weit über
Slavonien und Serbien im blauen Azur schweben. Leider kommen sie spät und ziehen
bereits im August mit ihren Jungen ab. Der Herbst entblättert dann rasch Baum und
Strauch; das Wasser steigt, und endlich schließt ein weiter vereister See die vollständig
verödete Au über den Winter ein.
Die ganze Ecke zwischen Save und Driua ist eigentlich bloß ein großer Sumpf,
dessen Entwässerung aber durch das fast gleiche Niveau der beiden Flüsse unmöglich
gemacht ist. Wo sich der Boden gegen die Berge etwas hebt und eine dicke Humusschichte
zeigt, da liegt, das ganze Gebiet ringsum beherrschend, die bedentendste nnd volkreichste
Stadt der Posavina, das handelseifrige Bj elina. Ihre strategisch wie handelsgeographisch
wichtige Position, ihr Volkreichthum und endlich ihr bedeutender Pflaumen-, Vieh- und
Schweinemarkt lassen von einem Mangel jeglicher Schönheit oder Merkwürdigkeit absehen.
Eine bosnische Stadt auf dem flachen Lande, das bedeutet breit dahiuschleichende Straßen
von Zäunen, Gärten nnd kleinen Häusern slankirt, ein Marktviertel mit den üblichen
niedrigen, hölzernen Läden, Moscheen mit gewöhnlich nur hölzernen niedrigen Minarets
und je nach der Confefsion der Bewohner anch mit einer bis zwei Kirchen. Dazu im Sommer
recht viel Staub und im Winter Koth. So ungefähr -ist es auch in Bjelina. Und wenn
auch hier in der Earsija die Wohlhabenheit der Kaufmannschaft ihren unverkennbaren
Ausdruck findet, so ändert doch dies, sowie die übrigen modernen baulichen Versuche im
Allgemeinen nicht viel an dem Bilde. Dagegen zeigt die Umgebung Bjelinas sich radical
verändert, seit das Gestrüpp den tiefgehenden Stahlpflügen weichen mußte. Die Colouie
ungarischer „Schwaben", Franz Josephsfeld nahe an Bjelina, nahm auf das Aussehen der
Landschaft hier auch keinen unwesentlichen Einfluß. Das große, quadratisch angelegte
Dorf entsendet Dampfmaschinen und Wirthschaftsgeräthe aller Art in das Land, das
seither seinen „orientalischen" Anstrich vollständig eingebüßt hat.
An der Mündung des Lnkavac-Flüßchens in die Save steht, von einer reichen An-
vegetation decorirt, ein rninenhafter Thurm, die Nakic-Kula, „der einst so hoch war, daß sein
zurück zum
Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch