Seite - 88 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
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Bauernregel: „Bis Peter und Paul trag' den Pelz, und zu Peter und Paul zieh' an den
Pelz", — denn nie wird es hier Sommer. Kaum eine Spanne hoch wächst das Gras.
Aber dafür ist es süß und duftend, wie der Käse, den man von hier in die Städte bringt,
lind die feisten Hammel vom Kupresko-Polje dienen nicht nur den Reichen Sarajevos als
Opferthiere zum Kurbanbajram, sondern gehen anch über den Prolog hinunter uach
Spalato, und von dort nach Italien und Frankreich. Aus der gleichmäßigen, grünen
Fläche taucht hie und da ein Weiler auf, das Thürmchen eines bescheidenen Kirchleins,
ein Minaret, oder der Landsitz eines mohammedanischen Edlen, der zuweilen nach seinen
Herden sieht, welche seine christlichen Kmeten betreuen, nach dem alten agrarischen Grund-
satz: „Lpakinsko su ovce, eodansko /von«" (des Grundherrn sind die Schafe, des Hirten
die Glocke).
Im östlichen Zuge der niedrigen Randhöhen sieht mau eine kleine Scharte, zu der
die Chaussee hinaufführt: die Kupreska-Vrata, das Pförtcheu. Ein langentbehrtes Rauschen
und Flüstern hebt an, und mit einem Mal taucht das Auge tief hinab in ein wundervolles
Waldesmeer, aus dem Tannen und Fichten bis zu der Grenze des unfruchtbaren Karstes
heraufklettern. Im hohen Wipfel ruft die Drossel, und mnrmelnd eilen zahllose Quellen
zu Thal, wo sie Mühlenräder schäumend umfluten.
Was die Krajina allgemein als die »Ijuta", die „schlimme" bezeichnen ließ,
läßt sich znm Theile auch durch ihre geographische Lage begründe»: wie ein Keil treibt sie
sich iu fremdes Gebiet hinein, von dem sie keine natürliche Grenze scheidet. Deßhalb
hörten die Grenzstreitigkeiten von beiden Seiten nie auf. Aber auch im Lande selbst
zeitigte die Gesetzlosigkeit Mißbräuche und Gewaltthätigkeiten, und die Agrarverhältnisse
thaten das Übrige. ,Xrajina je krvava Iialjina, va?<Za krana vuka i lisjäuka" (das
Krajina-Land ist ein blutiges Gewand, immer nährt es Wölfe und Hajdnken) hieß es.
In blindem Hasse stand hier der Mensch dem Menschen gegenüber, und wenn die festen
Plätze und Städte dem Mohammedaner Schutz boten, so war es die wilde Planina, die
schützend die Rajah aufnahm. War es bis zum Äußersten gekommen, so raffte der Christ
seinen geringen Hausrath zusammen, schaffte das Vieh sammt Weib und Kind über die
Grenze — oft sah er sie nie wieder! — legte mit eigener Hand Feuer an sein Anwesen,
nahm die ,sutia puska", das „dürre Gewehr" nnd floh in die Berge.
Wo die Jlica-Planina ihre bis zu tausend Meter hohen Felsenschroffen dem Grenz-
bache Butesnica zuwendet, dort stürzen sich in dieselbe, aus einem kurzen, zerklüfteten
Thale von Westen kommend, die „Crni-Potoci" (schwarzen Bäche). Diese bilden gleich-
zeitig die Grenze zwischen Kroatien und Dalmatien, und da sie an ihrer Mündung in die
Butesnica auch bosnisches Gebiet berühren, so treffen an ihnen die Grenzen dreier
Länder aneinander. Es ist dies die sogenannte „Tromedja", die „Dreigrenze". Hier
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch