Seite - 94 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
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Die nördliche Krajina, die Spitze des bosnischen Keiles, liegt gleichsam versteckt
hinter dem eine Wasserscheide bildenden Hochlande. Ein höckeriges Ländchen, ein eigen-
artig Detail zu dem ganzen Krajina-Bilde. Stundenweit sieht man oft nichts anderes als
die Blütenrispen des Mais im Winde nicken, und die Ackerfurchen laufen gleichmäßig
hinein in die Dolmen und hinüber über die Hügel. Und noch sonderbarer mnthet es an,
mohammedanische Frauen auf den Feldern zu sehen, unverhüllten Angesichtes, in schmuck-
loses Linnen gekleidet. Die Gegend ist übervölkert, der Boden nicht freigiebig, und so muß
also auch das Weib auf den Acker. Die kleinen Buschwälder sind von Nachtigallen bevöl-
kert, und wo eine Kuppe dominirend sich über die anderen erhebt, da steht selbstverständ-
lich eine Ruine. Mag diese nun Todorovo, Mala-Kladusa, Velika-Kladusa, Podzvizd
oder Vrnograc heißen, sie sind in ihrer Art alle einander gleich. Die Burgen liegen in
Trümmern, und die Häuser der dazu gehörigen Orte sind neu; jeder culturfähige Fleck
wird bebaut, und derBusch beginnt allmälig znmWaldezu werden, da diesen Niemand mehr
niederbrennt, um die Räuber daraus zu vertreiben. Velika-Kladusa, dessen Ruine von
einer plateauartigen Höhe in das friedliche Land herabschaut, war die Heimat eines besonderen
Typus von Krajina-Helden, der muhammedanischen Ritter, die sich zu Beschützern der
Schwachen und Bedrängten gegenüber den christlichen Grenznachbarn aufwarfen. So
feiern die bosnischen Volkslieder das Brüder-Trifolium Hrujica, an die in Belika-Kla-
dusa die Ruinen ihrer Kula erinnern, und es wird hier auch eine Felsplatte gezeigt, ans der
das Volk Hufspuren von Mnjo Hrnjicas Leibpferde, dem starken Schimmel, sieht, sowie
kleine Vertiefungen, die von seiner Lanze herrühren sollen. Der größte der Grenzorte ist
Vrnograc, dessen ans einem Felskopf postirte Beste das kleine Defile derGlinica und die
nach dem Rastell-Orte Oblaj führende Straße beherrscht. An dem ehemals stark befestigten
Buzim, dem Stammschlosse der Grafen Jellachich vorüber, verläßt die neue Fahrstraße
durch Überwindung der kleinen Wasserscheide die nördlichste Grenze, um in das Thal der
Una zu gelangen, die sie bei dem lieblichen Jnselorte Otoka erreicht, dessen Zier weniger
die Überbleibsel seiner alten Befestigung, als die kleinen Cascaden bilden, mit welchen die
Una diese grünen Inseln umfängt.
Ungehindert fließt von hier aus die Una den Saveniedernngen zu. Bereits vor
Krnpa hat sie ihre Engen verlassen, um die gut bebaute Ebene dieses Handelsemporiums
langsam zu durchziehen. Das kleine von einem Hügel getragene Fort, um das sich das
Städtchen gruppirt, ist wohl ein älteres Mauerwerk, aber der Ort selbst nahm erst in den
letzten Jahrzehnten einen raschen Aufschwung, zu dem Omer Pascha Lattas, der die gün-
stige Lage Krupa's für den Handel erkannte, den ersten Anstoß gab.
Einen ganz aparten Anblick bietet das sonst ziemlich nüchtern aussehende Krnpa;
wenn man, im Kahn das Krnsnica-Flüßchen herabkommend, die Mündung desselben in
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch