Seite - 98 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
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aufgerichteten hohen Bretterverschlägen umgeben, soeben von Wiese und Wald hereingeholt
zu sein scheint. Wie der Orientale mit der Zeit nicht rechnet, will er es auch mit dem
Raume nicht thun, und so hat sich denn Banjalnka, durch die Umstände begünstigt,
lang und breit über Kilometer ergossen. Durch Gärten, weite Plätze und breite Gassen
auseinandergerissene, lose aneinander gereihte Quartiere mit viel Luft und Sonne,
Gartenduft und fließendem Wasser. Banjalnka war in früherer Zeit Sitz des bosnischen
Paschas und eine der reichsten und bedeutendsten Handelsstädte des Landes. Die Altstadt
ist der südliche Vorort Gornji-Seher, der sich in den Beginn des Vrbasdefiles hinein-
drängt, ein entzückendes Chaos von in Gartendickicht verborgenen Häuschen, Mühlen-
rädern, Wassergebraus und Ufergrotten.
Auf einem eingefriedeten Rasenplatze steht unter freiem Himmel eine steinerne
Kanzel; es ist der Gebetplatz Snlejman des Prächtigen, der hier auf seinem Kriegszuge
nach Wien absaß und betete. An noch ältere Zeiten gemahnt das über eine neutrale Therme
gebaute römische Bad, sowie auch die Tuffsteinhöhlen am Vrbas, die den Römern unverkenn-
bar zu Badestellen dienten. In Laktasi und Slatina-Jlidze, nördlich von Banjalnka tritt
nicht nur ähnliches warmes Wasser wie das zu Gornji-Seher zu Tage, sondern wie bei
Thermen überall, deckt man auch da Ruinen römischer Häuser auf. Mit türkischen Grab-
steinen übersäete Wiesen vermitteln den Übergang von dem schmalnfrigen Gornji-Seher in
das Weichbild der Stadt, das der „Weidenfluß", der Vrbas (Vrba — Weide), in zwei
Hälften trennt. Alles ist grün in dieser Gartenstadt, nnd grün ist auch der Vrbas mit
seinen hohen von Weiden verdeckten Userböschungen, an dessen linkes Ufer sich eine alte
Citadelle schmiegt.
Der breite, um die Carsija sich legende Ring der Wohnungsviertel, ans denen sich
noch einnnddreißig Moscheen erheben, schließt mit dem neuen Stadttheile ab, der mit seinen
beiden Bahnhöfen, den Fabriksschloten, Spitals- und Schulgebäuden und den öffentlichen
Anlagen ein Widerspiel zu dem übrigen conservativen Banjalnka bildet. Und als sollte
noch ein Contrast geschaffen werden, sieht man wenige Kilometer weiter in der freundlich-
offenen Gegend auf dem Hintergrunde sanfter, grüner Höhen eine seltsam fremdartige
Ansiedlung: lange Gebäude, deren Fenster wie Soldaten in Reih und Glied in das Land
auslugen, hohe Umfassungsmauern mit Zinnen, den Thnrm einer Kirche, wirthschaftliche
und industrielle Gebäude und allerorts ein Ameisengewimmel von barhäuptigen Männern
in braun-weißem Habit und Mönchskapuze. Über allem ruht ein schweres Schweigen, das
nur das Geläute des Glöckleins und das mitternächtige Noctnrnns in der Klosterkirche
unterbricht. Es ist „Maria Stern", ein Kloster des Ordens von La Trappe, dessen
büßende Anachoreten das Volk mit scheuer Ehrerbietung betrachtet.
Die neue Straße von Banjalnka nach Jajee ist die ,Via mala" Bosniens.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch